TV Night: The Americans (Season 4)

Abgesehen von Better Call Saul gibt keine Serienstaffel, die ich so sehr erwartet habe wie die vierte Season von The Americans. Schließlich ging Staffel Drei mit einem massiven Cliffhanger zu Ende: Paige Jennings (Holly Taylor) hat ihrem Pastor (Kelly AuCoin) erzählt, dass ihre Eltern Elizabeth (Keri Russell) und Philip (Matthew Rhys) russische Spione sind. Genau, russische Spione. Während man Paige am Ende von Staffel Drei nur ein leises "They're... Russians" sagen hört, stellt sich heraus, dass Paige gegenüber Pastor Tim tatsächlich das böse S-Wort erwähnt hat. Allerdings erst später. In der ersten Folge lässt The Americans Paiges "Verrat" nämlich unerwähnt. "The audacity!", würde Frank Gaad wohl sagen. Stattdessen tauchen die Autoren Joel Fields und Joe Weisberg gleich in das Hauptthema der Staffel ein: Biologische Kriegsführung. Schnöde Militärtechnik reicht den Sowjets nicht mehr, sie versuchen jetzt, super-tödliche Viren aus amerikanischen Laboren herauszuschmuggeln. Dazu machen Philip und Elizabeth die Bekanntschaft von William (Dylan Baker), einem Illegal wie sie, der in ein Labor eingeschleust wurde. William ist schon da, wo Philip Stück für Stück hingelangt: Bei der totalen Desillusionierung. Früher ein treuer Parteisoldat, ist er entsetzt über die Pläne des KGB. Aber Spionage ist kein Job, den man so einfach an den Nagel hängt.

Die Bio-Waffen sind jedoch nur eine von mehreren Baustellen, mit denen sich Elizabeth und Philip herumschlagen müssen. Damit verbunden, auch wenn es erst später ersichtlich wird, ist das Schicksal von Young-Hee (Ruthie Ann Miles), einer schlagfertigen, koreanischen Mutter, mit der sich Elizabeth anfreundet. Dann ist da natürlich noch Paige, und Martha, die zu spät erkennt, dass sie mit Philip einen KGB-Spion geheiratet hat. Und Nina (Annet Mahendru) im sowjetischen Gulag. Das FBI, wie angestachelt durch die entdeckten Wanzen, rückt den beiden Agenten derweil immer mehr auf die Pelle. Auch in der Rezidentura wird es unruhig: Oleg (Costa Ronin) muss mehrere Verluste verkraften, während Tatiana (Vera Cherny) ein undurchsichtiges Spiel spielt.

Staffel 4 ist ohne Frage die Staffel der Überraschungen. Und die Staffel der Abschiede. Viele, lange schwefelnde Plotlines werden hier zu Ende gebracht - in aller Regel nicht so, wie man es erwartet hatte. Am Ende befindet sich das Universum der Jennings im Umbruch und es ist unmöglich zu sagen, wohin die Reise gehen wird. Wie kaum eine andere Serie spielt The Americans mit den Erwartungen seiner Zuschauer. Das ermöglicht es ihr, sich Zeit zu nehmen, und doch immer nahezu unterträglich spannend zu bleiben.

Die einzige Konstante ist, dass einem jede Woche das Herz gebrochen wird. Jedes Mal denkt man, schlimmer kann es nicht mehr kommen - ich sage nur "Do Mail Robots Dream of Electric Sheep?" - und dann unternehmen Philip und Elizabeth doch wieder etwas, das man kaum mit ansehen kann. The Americans ist nach wie vor die düsterste Serie, die ich kenne. Immerhin, ein klein wenig comic relief gibt es auch, vor allem durch Williams zynische Sprüche und Young-Hees Witz - bevor... na ja, bevor Elizabeth praktisch ihr Leben zerstört. Aber, und das ist neu: Auch an der eiskalten Elizabeth beginnt die Arbeit zu nagen.

Worauf man sich ebenfalls verlassen kann, sind die erstklassigen Darsteller. Neben den beiden Hauptakteuren glänzen vor allem Holly Taylor als Paige und Alison Wright als Martha, die langsam erkennen müssen, dass die Menschen, die sie lieben, nicht die sind, für die sie sie halten. Aber auch sämtlich Nebendarsteller können sich sehen lassen: Neben der Einführung von Dylan Baker als William hat es micht besonders gefreut, dass Agent Aderholt (Brandon J. Dirden) in dieser Staffel eine größere Rolle bekommen hat. Mit seinem Humor und seiner Bodenständigkeit ist er der perfekte Partner für den instabilen Stan (Noah Emmerich).

Kurz vor Ausstrahlung der letzten Folge kam die Nachricht, dass nach zwei weiteren Staffeln Schluss sein wird. Auch wenn ich The Americans sehr vermissen werde, halte ich dies für die richtige Entscheidung. Die Serie ist in Bestform und zwei weitere Staffeln werden es den Autoren hoffentlich erlauben, sie auf diesem Niveau würdevoll zu Ende zu bringen. Bis dahin haben wir noch zwei Jahre, um uns von Philip und Elizabeth Jennings das Herz brechen zu lassen.

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