Heavy Rotation: William Tyler - Modern Country





Ich war noch dabei, mich an Margo Price, Andrew Bird und Sturgill Simpson zu erfreuen, als ich auf den nächsten Kracher aufmerksam wurde. Hiss Golden Messenger hat William Tylers Modern Country empfohlen und mir war sofort klar: Wenn Hiss Golden Messenger ein Album empfiehlt und es Modern Country heißt, dann kann es nicht schlecht sein. Bis dato war ich noch gar nicht mit William Tyler vertraut, daher war ich ein wenig überrascht, festzustellen, dass es sich bei Modern Country um ein Instrumentalalbum handelt. Normalerweise ist mir der Songtext so wichtig wie die eigentliche Musik, aber bei Tyler habe ich überhaupt nichts vermisst. Der Opener "Highway Anxiety" ist ein knapp zehn minütiges Stück, das Tyler einst geschrieben hat, um sich bei Paniattacken auf Tour zu beruhigen. Der Gitarrensound ist warm und fließend, das Schlagzeug (gespielt von niemand anderem als Wilcos Glenn Kotche) ist gleichmäßig wie das Rattern eines Zuges.

Danach folgt mit "I'm Gonna Live Forever (If It Kills Me)" der Song, der mich am meisten gepackt hat, auch wenn es schwer ist, einen Favoriten zu nennen, da einfach alle Songs so großartig sind. Tyler arbeitet mit sich wiederholenden Motiven, aber dennoch ist sein Gitarrenspiel unendlich einfallsreich. Jeder Titel besteht aus verschiedenen Texturen, die den Stücken eine epische Größe verleihen. Modern Country sei ein Liebeslied an die untergehende amerikanische Kultur, so Tyler, und tatsächlich spürt man bei jedem seiner Lieder die Weite des Landes. Die Gitarren klingen mal warm und verträumt, dann wieder hart und dunkel. Hinzukommen weitere Effekte wie düsteres Glockengläut und klirrende Percussions bei "Gone Clear" oder sekundenlanges Vogelgezwitscher bei "The Great Unwind" - das letzte und vielleicht beste Stück.

Seit Jack Roses Luck in the Valley gab es kein Instrumentalalbum, das mich so sehr begeistert hat wie dieses hier. Modern Country, das größtenteils in eine Hütte in Mississippi entstand, ist ein abwechslungsreiches, überwältigendes und wunderschönes Album. Die vielschichtigen Songs sind wie dafür gemacht, sich in ihnen zu verlieren - am besten bei einer Fahrt über Land.

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