Movie Matinee: El Olivo - Der Olivenbaum



Bevor El Olivo am Donnerstag offiziell im Kino anläuft, fand am Sonntag im Cinema Arthouse schon einmal die Vorpremiere statt - Olivenölverkostung inklusive. Dabei ging es jedoch nicht nur um den Geschmack der verschiedenen Öle, sondern auch um das Dilemma der Ölhersteller. Da Olivenöl eher als Brathilfe denn als Genussmittel verstanden werde, erwarte der Kunde Preise wie beim Sonnenblumen- oder Rapsöl. Da die Herstellung von gutem Olivenöl sich allerdings nicht mechanisieren lässt und zu über 90 Prozent aus Handarbeit besteht, hat dieses seinen Preis - den viele nicht gewillt sind zu zahlen.

In El Olivo von Icíar Bollaín geht es zwar nicht um die Ölproduktion, aber auch hier steht die enge Verbindung von Mensch und Natur im Mittelpunkt. Es ist ein 2000 Jahre alter Olivenbaum, der der ganze Stolz von Ramón (Manuel Cucala) ist. Auch seine Enkelin Alma (Anna Castillo) verbindet viele schöne Kindheitserinnerungen mit dem Baum und der gemeinsamen Zeit mit dem Großvater - bis ihr Vater und Onkel beschließen, den Baum für 30.000 Euro zu verkaufen. Sie wollen ein Restaurant eröffnen, und damit sie in Strandnähe bauen dürfen, müssen sie den Bürgermeister schmieren. Ramón bricht der Verkauf das Herz und er hört auf zu sprechen.

Gut zehn Jahre später ist von dem Restaurant nichts mehr übrig. Die Familie sitzt auf einem Haufen Schulden, Beziehungen sind kaputt. Alma ist inzwischen Anfang 20: eine wütende junge Frau, die es am liebsten mit der ganzen Welt aufnehmen würde. Als es mit der Gesundheit ihres Großvaters bergab geht, kommt Alma auf eine wahnwitzige Idee: Sie will den Olivenbaum ihres Opas zurückzuholen, und damit auch sein altes Selbst. Tatsächlich findet sie ziemlich schnell heraus, dass der Baum in der Zentrale eines Energiekonzerns in Düsseldorf steht. Ihrem Onkel Alca (Javier Gutiérrez) und LKW-Fahrer Rafa (Pep Ambròs), der in Alma verliebt ist, erzählt sie, dass sich der Baum im Garten einer Kirchengemeinde befindet, die ihn zurückgeben will. Das Trio macht sich samt LKW auf den Weg nach Düsseldorf, aber damit fangen die Probleme erst richtig an. Einen kleinen Erfolg kann Alma allerdings verbuchen: Dank Facebook wird sie zum Internetstar und zur Heldin der Umweltschützer.

Auch wenn es in El Olivo vordergründig um einen Olivenbaum geht: Das Film ist auch ein Film über das Spanien von heute. Mit der Finanzkrise sind die Träume geplatzt und Almas Familie versucht mehr schlecht als recht, über die Runden zu kommen. Die junge Frau fühlt sich von ihren Eltern im Stich gelassen und klammert sich an ihren Großvater, der für sie das letzte Glied zu einer glücklichen Kindheit ist. Und weil sie ihn so sehr liebt, würde sie alles tun, damit es ihm besser geht. Gleichzeitig nimmt der Film unternehmerische Heuchelei aufs Korn: Der Energiekonzern macht den Olivenbaum zwar zu seinem Logo, stellt ihn jedoch wie eine Zimmerpflanze in seine Eingangshalle. Und das Gerede von Nachhaltigkeit ist selbstverständlich nur Show, im Hintergrund lässt der Konzern weltweit Bäume abholzen.

Auch wenn Gut und Böse in El Olivo klar verteilt sind und der Energiekonzern schon karikatureske Züge annimmt, ist der Film sehr sehenswert. Er ist anrührend, er regt zum Nachdenken an und er ist trotz aller Tragik überraschend humorvoll. Das Beste sind jedoch die Darsteller. Gutiérrez macht deutlich, wie sehr die Welt post-Finanzkrise Alca verunsichert. Durch seinen Bankrott ist sein Selbstbewusstsein angeknackst und die Begegnung mit den ach so erfolgreichen Deutschen macht es nicht gerade besser. Dabei ist Alca seiner Nichte gar nicht so unähnlich: Er ist impulsiv, er ist wütend und er hängt an seiner Vergangenheit - so feiert er immer noch seinen Hochzeitstag, obwohl er längst geschieden ist. Getoppt wird das nur von Castillo, die die ganze Intensität von Almas Gefühlen, all die Wut, die Liebe und den Schmerz auf der Leinwand lebendig macht.

Fazit: Manchmal etwas plakativer, aber sehenswerter Film über den Ausverkauf der Natur und über die besondere Beziehung einer jungen Frau zu ihrem Großvater.

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