TV Night: The Hour [Series 1]


Im Zugen meiner Ben-Whishaw-Studien (yes, there's more to come) bin ich auf eine Fernsehserie namens The Hour gestoßen, die mein Interesse geweckt hat, da es um eine Reihe BBC-Journalisten geht, die einen politischen Skandal aufdecken. In den meisten Filmen und Serien existieren ja nur Boulevardjournalisten und die Rolle der Presse als Korrektiv zur Politik wird gerne unterschlagen. Hin und wieder läuft aber auch einmal eine Serie, die zeigt, wie wichtig investigativer Journalismus ist.

The Hour spielt im Jahr 1956. Freddie Lyon (Ben Whishaw) ist ein bis zur Dreistigkeit passionierter BBC-Journalist. Ihn nerven die ewig gleichen Newsreeels, die sich hauptsächlich mit den Verlobungsfeiern reicher Töchter beschäftigen. Auf so einer Feier trifft er jedoch auf Ruth Elms, eine Bekannte aus Kindertagen, die ihn auf einen kürzlich geschehen Mord in der U-Bahn aufmerksam macht. Dieser wurde von der Polizei als Raubmord klassifiziert, obwohl nichts gestohlen wurde. Bald gibt es Hinweise darauf, dass MI6 etwas damit zu tun hat. Bevor Freddie Ruth jedoch genau befragen kann, ist sie tot - angeblich hat sie sich umgebracht. Zusammen mit seiner besten Freundin Bel (Romola Garai) fängt Freddie bei der revolutionären neuen Nachrichtensendung "The Hour" an. Zu seiner Enttäuschung wird jedoch nicht er, sondern Hector Madden (Dominic West) der Anchorman. Während Freddie aus einfachen Verhältnissen stammt, ist Hector ein typischer Vertreter der Upper Class: Ein sportbegeisterter Kriegsheld, der nur mit Ach und Krach einen Abschluss in Cambridge erworben hat. Komplettiert wird das Team durch Lix Storm (Anna Chancellor), eine erfahrerne Kriegsreporterin. Hector ist zunächst ziemlich überfordert mit seiner Rolle, fängt sich aber langsam. Produzentin Bel hingegen muss sich vor allem gegen die Vorurteile der Männer behaupten und gegen Regierungssprecher McCain (Julian Rhind-Tutt), der immer wieder in die Berichterstattung einzugreifen versucht, insbesondere als die Suez-Krise beginnt. Freddie untersucht weiterhin den mysteriösen Mord, wobei er den Widerstand seiner Vorgesetzten und der Regierung erfahren muss. Und dann mischt sich auch noch der Geheimsdienst ein.

Was soll ich sagen? Für mich ist The Hour perfekt. Ich denke, es kann durchaus mit Genre-Juwelen wie All the President's Men oder State of Play (die BBC-Miniserie, nicht der lauwarme Russell-Crowe-Film) mithalten. Obwohl sich die Geschichte langsam entwickelt, ist sie unglaublich spannend. Man denkt, es hat sich alles aufgelöst, doch dann tritt die Sendung kurz vor Schluss noch mit einem Knaller ab. Das Beste sind jedoch die Darsteller. The Hour ist bis in die kleinste Nebenrolle exquisit besetzt. Ich kann mich gar nicht entscheiden, wen ich von den Schauspielern am beste finde, ich denke, sie machen alle einen großartigen Job. Zudem gibt die Sendung einen interessanten Einblick in die Fünfziger, als Frauen sich noch zwischen Ehe und Karriere entscheiden mussten und das Fernsehen das politische Geschehen nicht kommentieren durfte, so lange es noch im Parlament diskutiert wurde.

Manch einer hat kritisiert, dass The Hour sich nicht entscheiden kann, ob es Spionagethriller oder Liebesgeschichte sein will. Mich persönlich stört das jedoch nicht, ich finde es so eher realistischer. Das Privatleben hört ja nicht auf, nur weil man an einer Story dran ist. Klar, dass Bel und Freddie sich trotz Freundschaft zueinander hingezogen fühlen und dass Bel eine Affäre mit dem verheirateten Hector beginnt ist weder überraschend noch originell, aber es sorgt für Spannung zwischen den Charakteren. Auch wer es gern tempogeladen und actionreich liebt, wird mit The Hour nicht glücklichen werden. Wer sich jedoch für die Anfänge des investigativen Journalismus interessiert, der ist hier genau richtig. Das einzige, was ich zu bemängeln habe ist, dass die Serie mit sechs Folgen viel zu kurz ist. Glücklicherweise erscheint am 31.12. die zweite Staffel. Ich kann es kaum noch erwarten.

Kommentare