Books I've Read: Michael Chabon - Telegraph Avenue

 

Einen Titel hat Michael Chabons Telegraph Avenue schon einmal sicher: Es war mein am sehnsüchtigsten erwartetes Buch des Jahres. Ich bin ein riesiger Fan von Chabon und sein mit dem Pulitzer-Preis prämierter Roman The Amazing Adventures of Kavalier & Clay ist nach Paul Austers Moon Palace mein liebstes Buch überhaupt. Da konnte ich es natürlich kaum erwarten, endlich sein neuestes Werk Telegraph Avenue zu lesen, vor allem nachdem ich erfahren habe, dass Musik in dem Buch eine große Rolle spielt.

Die titelgebende Straße verläuft zwischen Oakland und Berkeley in Kalfornien und ist der Wohnort zweier befreundeter Paare: Archy und Gwen, afroamerikanisch, sowie Nat und Aviva, weiß und jüdisch. Archy und Nat führen zusammen einen Plattenladen namens "Brokeland Records", Gwen und Aviva sind die "Berkeley Birth Partners", Hebammen. Vom einen auf den anderen Tag sind beide Partnerschaften plötzlich in ihrer Existenz bedroht: Brokeland, weil Gibson Goode, ehemaliger Football-Star und fünfreichster Afroamerikaner, einen Musik-Megastore auf der Telegraph Avenue eröffnen will, und die Birth Partners, weil der Ehemann einer Kundin mit Klage droht, nachdem es bei der Geburt zu Komplikationen kam. Zudem gerät die hochschwangere Gwen in einen Streit mit dem zuständigen Arzt. Die Dinge verkomplizieren sich weiter, als Titus, Archys vergessener, 14-jähriger Sohn auftaucht, der zufällig auch die große Liebe von Nat und Avivas Sohn Julius ist. Und dann ist da auch Archys Vater Luther, ein ehemaliger, abgehalfterter Kung-Fu-Star, der verzweifelt versucht, zu Geld zu kommen.

Auf den ersten Blick reichlich Stoff, doch es dauert eine ganze Weile, bis die Geschichte halbwegs in Fahrt kommt. Chabon war ja auch schon früher für einen detailreichen Stil bekannt, aber diesmal waren die zahlreichen Ausführungen, vor allem über 70er-Jahre-Jazz und Blaxploitation-Filme, selbst mir zu viel. Dass ein Buch eher von den Figuren als von der Handlung lebt, gerne, aber der ausschweifende Erzählstil macht es dem Leser nicht immer leicht, bei der Stange zu bleiben. Dabei ist Telegraph Avenue alles andere als ein schlechtes Buch. Chabon Sprache ist wie immer umwerfend, insbesondere bei der zwölfseitige Passage in der Mitte, in der er in einem einzigen Satz von Figur zu Figur wandert. Zudem sorgen zahlreiche skurrile Nebenfiguren für Erheiterung, zum Beispiel ein Anwalt für Wale namens Moby, ein krimineller Bestattungsunternehmer und ein Papagei namens Fifty-Eight. Zwischendurch gibt es sogar einen Cameo-Auftritt von Barack Obama, damals (2004) noch State Senator von Illinois.

Fazit: Telegraph Avenue ist nicht gerade ein Page-Turner, aber es lohnt sich, dranzubleiben. Chabon-Neulingen würde ich jedoch eher The Mysteries of Pittsburgh, Wonder Boys, The Yiddish Policemen's Union und natürlich The Amazing Adventures of Kavalier & Clay empfehlen.

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