TV Night: Criminal Justice [Series 1]


Und noch ein Eintrag zum Thema "Britische Fernsehserien, die einfach unfassbar gut sind". Heute: Criminal Justice. Die BBC-Miniserie erzählt die Geschichte des 21-jährigen Ben Coulter (Ben Whishaw - ja, ja), der sich eigentlich mit einem Kumpel treffen will. Da sein Auto jedoch nicht anspringt, nimmt er sich das Taxi seines Vaters. Als er kurz anhält, steigt eine junge Frau ein, die nicht weiß, dass Ben kein Taxifahrer ist. Zunächst versucht er noch, sie zum Aussteigen zu bewegen, doch da er sie ziemlich anziehend findet, stimmt er schnell zu, mit ihr ans Meer zu fahren. Die beiden betrinken sich, werfen Ecstasy ein und haben schließlich Sex im Haus des Mädchens. Anschließend geht Ben zurück in Küche, wo er einschläft. Als er am nächsten Morgen aufwacht, ist die Unbekannte tot, erstochen. In seiner Panik versucht Ben, Beweismaterial zu vernichten und zu fliehen, doch er verursacht einen Unfall und wird verhaftet. Schnell wird er zum Hauptverdächtigen und gerät in die Mühlen der Justiz. Vor Gericht interessiert sich zunächst niemand dafür, was er zu sagen hat und im Gefängnis wird er misshandelt. Wird er es schaffen, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien?

Krimiserien gibt es ja wie Sand am Meer, doch Criminal Justice ist etwas besonderes, da sie die Geschichte nicht aus der Perspektive der Polizisten sondern aus der des Verdächtigen erzählt. Der wirklich geniale Kniff ist jedoch, dass Ben durchaus der Täter sein könnte. Er selbst hat einen Filmriss und weiß nicht, ob er die junge Frau, Melanie, erstochen hat. So befindet sich der Zuschauer in derselben Situation wie die Jury, die entscheiden muss, ob er schuldig oder unschuldig ist. Beide Seiten bringen dabei überzeugende Argumente vor, sodass man stets hin- und hergerissen ist. Am Ende, soviel sei verraten, wird das Rätsel um die Täterschaft aber gelöst. Autor Peter Moffat ist selbst Jurist, was die Serie umso relatistischer macht. Sie trägt allerdings nicht gerade dazu bei, Vertrauen in das Justizsystem zu gewinnen, im Gegenteil. Manchmal wirkt das Gericht wie ein Basar, wo jeder versucht, das Beste für sich herauszuschlagen, während die Suche nach der Wahrheit zur Nebensache wird. Auch wer glaubt, dass das Gefängnis ein gemütlicher Ort mit drei warmen Mahlzeiten am Tag ist, wird hier eines besseren belehrt. Dort herrschen ganz eigene Gesetze und wer nicht mit dem Strom schwimmt, geht unter wie ein Stein.

Neben dem großartigen Drehbuch punktet die Serie durch ihre hervorragenden Darsteller. Ben Whishaw verkörpert glaubwürdig den verschüchterten, überforderten Verdächtigen, der so sympathisch ist, dass man trotz der erdrückenden Beweislast kaum glauben kann, dass er der Täter sein soll. Ich habe ja jetzt schon einige Filme und Serien mit ihm gesehen, aber ich finde es jeden Mal erstaunlich, wie überzeugend Ben bei der Darstellung seiner Charaktere ist, die alle kaum unterschiedlicher sein könnten. He wows me every time. Aber auch die andere Schaupieler machen ihre Sache sehr gut, allen voran der wie immer grandiose und leider viel zu früh verstorbene Pete Postlethwaite als Bens Zellengenosse Hooch, sowie Con O'Neill als abgebrühter Anwalt Stone, Vineeta Rishi als Barrister mit Herz, Bill Paterson als undurchsichtiger Inspektor und Juliet Aubrey als zweifelnde Mutter.

Fazit: Unbedingt ansehen. Es empfiehlt sich jedoch, die fünf Folgen in einer Sitzung anzuschauen, da die Serie so mordsspannend ist, dass man es sonst kaum aushält.

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