Movie Morning: Skyfall


Eigentlich bin ich kein James-Bond-Fan. Ein Agent, der sich im Namen ihrer Majestät durch die Gegend ballert, Martinis trinkt und nebenbei noch ein paar Mädchen flachlegt - das hat mich nie interessiert. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, schon einmal einen Bond-Film in Gänze gesehen zu haben. Doch dann kam Skyfall. Als ich gehört habe, dass Ben Whishaw den Q spielt, war meine Neugier geweckt; als ich dann noch erfuhr, dass Javier Bardem den Bösewicht gibt und die vielen positiven Kritiken las, entschloss ich mich, mir den Film anzusehen.

Skyfall ist übrigens nicht nur mein erster richtiger Bond, es war auch das erste Mal, dass ich an einem Sonntagmorgen ins Kino ging, weil der Film dann in der Originalfassung gezeigt wurde. Das war eine ganz angenehme Sache, auch weil es nicht so brechend voll war. Es hatten sich etwa 70 Leute eingefunden, kein Vergleich zu den Massen, die sich nach Vorstellungsende bereits im Foyer tummelten. Nun aber zum Film. Der beginnt mit einer spektakulären Verfolgungsjagd durch Istanbul, plus einer (für Actionfilme wohl obligatorischen) Kampfszene auf dem Dach eines fahrenden Zuges. Während Bond und sein Gegenspieler um eine Festplatte mit wichtigen Informationen ringen, wird Bond versehentlich von seiner Kollegin Eve angeschossen und fällt eine Brücke herunter. Aber Bond wäre nicht Bond, wenn er nicht auch einen Sturz aus mehreren hundert Metern überleben würde (wenn auch nicht gesagt wird, wie). Während der sichtlich lädierte Ex-Agent im Paradies die Sau rauslässt, explodiert im heimatlichen London das Hauptquartier des MI6 - ein Anschlag, der offensichtlich Bonds Vorgesetzer M galt. Dass jemand es auf seine Ersatzmama abgesehen hat passt Bond so gar nicht und er kehrt in den aktiven Dienst zurück, obwohl er körperlich und seelisch noch ziemlich angeschlagen ist, wie Regierungsmann Mallory ihm schonungslos mitteilt.

Nun kann ich keine Vergleiche zu den vorangegangenen Filme ziehen, aber ich muss sagen, dass ich von Skyfall sehr angetan war. Das liegt in erster Linie an den hervorragenden Darstellern, allen voran Javier Bardem als blondierter, psychopathischer Ex-Agent und Computerhacker, der sich an M für einen angeblichen Verrat rächen will, sowie M selbst, gespielt von der wie immer göttlichen Judi Dench, die sich gekonnt zwischen Strenge und Sentimentalität bewegt. 007-Darsteller Daniel Craig hat es geschafft, trotz der vielen Vorgänger Bond zu seiner Figur zu machen. Er zeigt uns einen Agenten, der unendlich cool und doch verletzlich ist. Aber auch die Nebendarsteller sind alles andere als enttäuschend, zum Beispiel Naomie Harris als verführerische Eve, Albert Finney als alter Schotte, der Bond schon als Kind kannte, sowie Ralph Fiennes als Mallory, der hier noch etwas undurchsichtig bleibt aber in Zukunft, soviel sei verraten, eine große Rolle spielen wird. Ben Whishaw fügt sich als Computernerd Q perfekt in dieses hochkarätige Ensemble ein, auch wenn sein Auftritt leider verhältnismäßig kurz ist.

Daneben punktet Skyfall durch das Drehbuch. Soviel ich weiß, ist es das erste Mal in der 50-jährigen Geschichte der Reihe, dass auf Bonds Kindheit eingegangen wird, was die Figur zumindest etwas weniger oberflächlich erscheinen lässt. Dass man Bond einen ebenso traumatisierten Fiesling an die Seite gestellt hat, für den M genauso wichtig ist wie für Bond selbst, hält die Spannung hoch, sodass der Film trotz einer Länge von 143 Minuten nie langweilig wird. Zudem gibt es überraschend viele humorvolle Momente. Actionfans sollten auch auf ihre Kosten kommen, denn es mangelt nicht an Schießereien, Explosionen und spektakulären Effekten.

Fazit: Skyfall ist erstklassiges Popcornkino. Ich weiß nicht, ob ich in diesem Leben noch einmal Bond-Fan werde, aber der Jubiläumsfilm ist definitiv kein schlechter Zeitpunkt, um in die Reihe einzusteigen.

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