Movie Night: Cabaret



Vielleicht erinnert ihr euch noch, wie ich im Zuge der Bunheads-Review ein Video gepostet habe, in dem Sutton Foster "Maybe This Time" singt. Ich mochte den Song auf Anhieb, aber aus unerfindlichen Gründen bin ich erst kürzlich auf die Idee gekommen nachzusehen, woher dieser Titel stammt: Aus Cabaret. Ich hatte natürlich schon von dem Film gehört, aber ihn noch nie gesehen. Zeit dies nachzuholen, zumal er erst Anfang des Monats vom Guardian zum besten Musicalfilm überhaupt gewählt wurde.

Cabaret spielt 1931 in Berlin, als die Nazis zunehmend an Auftrieb gewinnen und die Weimarer Republik vor ihrem endgültigen Zusammenbruch steht. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Musical, das seinen Ursprung wiederum in dem Roman The Berlin Stories von Christopher Isherwood hat, der von 1929 bis 1933 in der Hauptstadt lebte. Zentrum der Handlung ist der Kit Kat Club, ein frivoles Varieté, dessen Gäste so aussehen als seien sie einem Gemälde von Otto Dix oder George Grosz entsprungen. Eine der Sängerinnen dort ist die quirlige Amerikanerin Sally Bowles (Liza Minnelli), die sich nichts sehnlicher wünscht, als ein berühmter Filmstar zu werden. In ihrer Pension trifft sie eines Tages auf den Akademiker und Schriftsteller Brian Roberts (Michael York), der sich mit Englischstunden den Unterhalt in Berlin verdienen will. Sally versteht es, den etwas verklemmten Engländer aus der Reserve zu locken. Gemeinsam genießen sie das Leben im wilden Berlin, doch die Diktatur wirft ihren Schatten voraus.

Anders als viele andere Musicals spielt Cabaret nicht in einer heilen Welt und es gibt auch kein Happy End. Der Film stellt zwei verschiedene Welten des damaligen Berlins gegenüber: die dekadente Cabaret-Kultur, die die Sitten der damalige Zeit über Bord geworfen hatte, und die immer mehr an Zulauf gewinnenden Nazis. Dabei ist die Bedrohung mal offensichtlicher, mal subtiler. Menschen werden auf offener Straße zusammengeschlagen und der Pornoverleger faselt plötzlich von der kapitalistisch-kommunistischen Judenverschwörung. In einer Nebenhandlung verliebt sich Lebemann Fritz Wendler (der junge Fritz Wepper) in die jüdische Kaufhauserbin Natalia (Marisa Berenson) und ist gezwungen zu entscheiden, ob er seine jüdische Identität weiter verheimlichen will. Je weiter der Film fortschreitet, desto mehr wird das Unheil spürbar. Am Ende ist vom Publikum des Kit Kat Clubs nur noch ein verzerrtes Spiegelbild zu sehen, das von Nazis in Uniformen durchzogen ist.

Neben dem interessanten Setting kann der Film von Bob Fosse mit ausgezeichneten Darstellern punkten, allen voran Liza Minnelli. Ihre Sally hat mich ein wenig an Holly Golightly erinnert: Das wilde, extravertierte Partygirl, das von Geld und Ruhm träumt und das tief im Inneren verletzlich, unsicher und unreif ist. Wie Audrey Hepburn hat Minnelli eine Leinwandpräsenz, die alles überstrahlt und die den Zuschauer in ihren Bann zieht; außerdem hat sie eine grandiose Stimme. Allerdings sind auch die anderen Figuren exzellent besetzt: York agiert als Minnellis angenehm zurückhaltender Gegenpol, während Wepper und Berenson als Liebespaar zwischen Verwirrung und Verzweiflung überzeugen. Ähnlich faszinierend wie Minnelli ist Joel Grey als androgyner Emcee, der im Cabaret die Gesellschaft kommentiert. Ergänzt wird das Ganze durch die unvergesslichen Songs von John Kander und Fred Ebb wie "Willkommen", "Money Money", "Cabaret" und eben "Maybe This Time".

Fazit: Ein fesselndes Porträt des Berlins der Dreißiger Jahre mit großartigen Darstellern und toller Musik.

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