Heavy Rotation: Laura Veirs & Neko Case

Es ist Herbst, und die Albenveröffentlichungslawine hat begonnen: Bill Callahan, Dr. Dog, The Deep Dark Woods und Okkervil River sind nur einige Bands, die in diesen Tagen neues Material vorlegen. Bevor ich hoffentlich bald die Zeit finde, mir diese Alben anzuhören, wollte ich zuvor noch auf zwei Werke eingehen, die mich im letzten Monat begleitet haben: Warp & Weft von Laura Veirs und The Worse Things Get, the Harder I Fight, the Harder I Fight, the More I Love You von Neko Case - beides Künstlerinnen, die schon einige Alben veröffentlich haben, aber die ich erst jetzt entdeckt habe. Zum Glück.


Laura Veirs - Warp & Weft


Der Titel von Laura Veirs neuem Alben entstammt der Weberei: Warp & Weft, Kette- und Schussfäden, hat sie ihr neuntes Werk genannt. Veirs vergleicht die Lieder mit einem Wandteppich, bei dem unterschiedliche Elemente zusammenkommen, die dadurch noch stärker und schöner werden. Tatsächlich hat Warp & Weft etwas von einem  großen Bild, das einen schon beim ersten Anblick in den Bann zieht, aber dessen ganze Schönheit man erst wirklich erkennt, wenn man auf all die kleinen Details achtet. Das ganze Album verfügt über einen dunklen, hypnotischen Reiz, dem man sich einfach nicht entziehen kann. Hauptinstrument ist die E-Gitarre, aber es gibt noch zahlreiche andere Instrumente, die sich immer mal wieder im Vordergrund auftauchen und dann wieder verschwinden: hier mal eine gezupfte Geige, da eine Steel Guitar, dann wieder ein Akkordeon. Bei "Sadako Folding Cranes" und "Ten Bridges" gibt es sogar leichte Anklänge an asiatische Musik.

Als Veirs Warp & Weft aufnahm, war sie im achten Monat schwanger und dachte, wie sie sagte, ständig daran, was ihren Kinder alles zustoßen könnte. Dementsprechend dreht sich das Album sowohl um die Schönheit der Welt als auch um ihre Zerbrechlichkeit; es geht unter anderem um Streit, Krieg und Tod. Zwei der Songs nehmen auf andere Künstler Bezug: "That Alice" handelt von der Jazzharfinistin Alice Coltrane, während das schön-schlichte "Finster Saw the Angels" von dem Künstler Howard Finster und seinen Visionen erzählt.

Warp & Weft ist ein von der ersten bis zur letzten Sekunde großartiges Album. Es ist düster und verstörend, aber auch faszinierend und einfach wunderschön.



Neko Case - The Worse Things Get, the Harder I Fight, the Harder I Fight, the More I Love You


Nicht nur hat Neko Case auf Warp & Weft einen Gastauftritt, ihr neues Album The Worse Things Get... ist Veirs' nicht unähnlich: es ist düster, gewaltig und voller Überraschungen. Nach eigener Aussage ist Cases neuestes Werk ihr autobiographischstes: Es geht um Entfremdung, Vernachlässigung, Lügen und Selbsthass. Starker Tobak, bei dem Case mal sanft und zerbrechlich klingt und dann wieder wie eine entfesselte Naturgewalt. Die Songs sind alle auf eine ganz unterschiedliche Art faszinierend: "Calling Cards" ist ein leiser Gitarren-Folksongs mit verhaltenem Klavierspiel und einem dezenten Saxophon; "Man" ist ein treibender Rocksong; "Madonna of the Wasps" beginnt mit poppigen Keyboardsounds, "Where Did I Leave That Fire?" mit Echoloteffekt - um nur einige zu nennen.

Zusammengehalten werden die verschiedenen Elemente von Cases vorzüglichem Gesang. Der stärkste Song des Album ist die A-Cappella-Nummer "Nearly Midnight, Honolulu", die auf einer wahren Begebenheit basiert. In der hawaiianischen Stadt erlebte Case eine Mutter, die ihr Kind wegstößt, was sie an die eigene katastrophale Beziehung zu ihren Eltern erinnert. Case wechselt hier zwischen einem liebevollen, unterstützen Ton, wenn sie sich an das Kind richtet, und wütendem, mit Hall verstärktem Gesang, wenn sie die Mutter zitiert: "Get the fuck away from me/why don't you ever shut up?" Gespenstisch.

The Worse Things Get... ist eine emotionale Achterbahnfahrt, es ist intensiv und anstrengend. Es ist aber auch so spannend und abwechslungsreich, dass man sich auf jeden Fall damit auseinandersetzen sollte. Ein in jeder Hinsicht starkes Album.


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