My Own Private Odyssey: The Queen of Spades

An einem vorletzten Tag war es endlich soweit: Ich machte mich auf zum Strand. Ich hatte ja schon erwähnt, dass Thessaloniki zwar am Wasser liegt, man aber dort nicht baden kann, sodass man etwas weiter rausfahren muss, um an einen Strand zu kommen. Ich hatte mich für Epanomi entschieden, da dieser nicht ganz so weit weg ist und laut Reiseführer ganz okay sein soll. Ich hatte allerdings ein bisschen Angst Alexis aka den steinalten Stalker dort zu treffen, da dies der Strand war, zudem er mit mir hatte fahren wollen. Vicky war nicht da, als ich zum Frühstück herunterkam, dafür aber eine junge, nette Frau namens Athina, die mir aufschrieb, wie ich nach Epanomi komme:



Die Bushaltestelle lag in der Nähe des Galeriusbogens, ungefähr 15 Minuten vom Hostel entfernt. An dem Busstop war es ziemlich voll, und angesichts der vielen jungen Mädchen in kurzen Hosen und Bikinitops vermutete ich, dass ich nicht die nicht die einzige war, die die brillante Idee hatte, an den Strand zu fahren. Während ich so gelangweilt auf den Bus wartete, ging ein orthodoxer Priester an dem Stop vorbei, der plözlich furchtbar anfing loszubrüllen. Ich hatte natürlich keine Ahnung, was er sagte, aber anhand seiner Gesten vermutete ich, dass er sich über die Shorts und Tops aufregte. Pah! Wahrscheinlich war er nur neidisch, weil er einen Vollbart und ein schwarzes Ganzkörperkostüm tragen musste.

Nach etwa zehn Minuten Wartezeit kam schließlich Bus Nummer Acht, in dem es wahnsinnig voll und heiß war. Dafür war der Preis unschlagbar günstig: ein Euro kostete die Fahrt (daran könnten sich gewissen hiesige Verkehrsgesellschaften mal eine Scheibe abschneiden, anstatt zweimal den vollen Preis zu verlangen, sobald man umsteigen muss). Nach einer halben Stunde kam der Bus schließlich am IKEA an, der in einem Gewerbegebiet an den Rändern von Thessaloniki lag. Der Parkplatz war ein überraschend großer Busbahnhof, sodass ich einige Minuten gebraucht habe, bis ich meinen Stop gefunden hatte. Nach etwa zehn weiteren Minuten kam schließlich der Bus, der voll von zumeist jugendlichen Badefreunden war. Wenigstens hatte ich einen Sitzplatz ergatttert.

Bisher hatte alles ganz gut geklappt, doch dann lief es nicht ganz so wie geplant. Im Bus sagten sie netterweise die Haltestellen auf Englisch an und ich wartete die ganze Zeit darauf, dass wir "Paralia Epanomis" erreichen würden. Ich wartete und wartete, während der Bus immer leerer und leerer wurde, bis es an der Haltestelle "Agia Marina" schließlich hieß, dass die Endstation erreicht sei. Na toll! Ich hatte doch die richtige Linie genommen, warum hielt die dann nicht an der besagten Haltestelle? Wenigstens war ich am Wasser gelandet und nicht kilometerweit vom Strand entfernt. Als ich den Strand jedoch sah, verschärfte sich meine Enttäuschung noch. Dort befand sich ein Campinglokal mit dem Namen "Golden Paradise", an dem bestimmt seit den 50er-Jahren nichts mehr gemacht worden war. Der Strand selbst war außerdem ziemlich schmal und sehr vermüllt.

Großartig. Ich wollte jedoch nicht einen anderen Strand suchen und mich womöglich verirren, also blieb ich einfach dort. Der einzige Pluspunkt war, dass dort nicht viel los war. Ich machte also das, was man am Strand so macht: Ich lag in der Sonne und las und ich badete. Das Mittelmeer war recht angenehm, wenn auch nicht so weich wie in Israel. Und es weckte in mir die Sehnsucht nach dem Indischen Ozean. Dort kann man wirklich toll baden! Da ich meine teure Kamera nicht mit an den Strand hatte nehmen wollen, machte ich nur ein Foto mit dem Handy (ja, Instagram, aber ohne sehen die Bilder noch viel schlimmer aus):


Nach drei Stunden wurde es mir zur langweilig und ich packte meine Sachen wieder zusammen. Um mich umzuziehen, suchte ich die Toilette auf, die man kaum als solche bezeichnen kann, denn es handelt es sich einfach um ein Loch im Boden - a true shithole. Uah. Was für eine Enttäuschung. Wahrscheinlich fährt man zum Baden doch besser auf eine Insel. Wenigstens war ich ausnahmsweise in Ruhe gelassen worden und Alexis hatte ich auch nicht gesehen, phew.

Die Rückfahrt war noch etwas anstrengender, denn aus irgendwelchen Gründen dauerte es zwei Stunden, um zurück nach Thessaoliniki zu kommen. Zu allem Überfluss saß auf der zweiten Etappe auch noch ein Mann neben mir, der wahnsinnig stank. Ich war heilfroh, als wir endlich wieder an der Kamara ankamen.

Nachdem einer erholsamen Dusche ging ich runter auf die Terrasse, wo ich auf Brad, Jonathan und einen Polen namens Petr traf. Die Aussies hatten den Tag im Hostel verbracht und schon einige Bier vernichtet. Da wir zu viert waren, schlug Petr vor, Hearts zu spielen. Ich hatte das früher häufiger am Computer gespielt, wenn ich keine Lust hatte, was für die Uni zu machen (damals hatte ich noch kein Internet zum Prokrastinieren), aber Brad und Jon hatten es noch nie gespielt. Da sie wie gesagt auch ganz gut einen im Tee hatten, verstanden sie die Regeln nicht - vor allem nicht, dass man es auf jeden Fall vermeiden sollte, die Pik-Dame zu bekommen. So war es ein leichtes, ihnen die Punktekarten unterzuschieben. Die erste Runde gewann ich, woraufhin die Aussies sich über meine Kartenspielfähigkeiten amüsierten. Ich versuchte ihnen klar zu machen, dass ich normalerweise kein Glück bei Kartenspielen hatte, aber sie glaubten mir nicht. Als die zweite Runde an Petr ging meinten sie nur: "Oh, you did that on purpose to show us that you're human!" Ich amüsierte mich köstlich während des Spiels, da Petr die ganze Zeit versuchte, Brad und Jon die Regeln zu erklären, aber sie ihn die ganze Zeit auf den Arm nahmen, was er nicht merkte, da er ihre Ironie nicht verstand. Außerdem konnte er sich Jonathans Namen nicht merken, sodass er ihn ständig "Jefferson" nannte. Sehr präsidial.

Im Anschluss an das Spiel (Brad hatte haushoch verloren, gefolgt von Jon, mir und Petr) gingen die Jungs etwas essen, während ich einen Teil meiner Vorräte verarbeitete. Als ich wieder auf der Terrasse zu ihnen stieß, fragte Petr: "How did you sleep?" "I didn't sleep." "I know. That was a provocative question." "Oh, yes, very provocative", erwiderte ich. Wenn mich eins nervt, dass sind es Männer, die meinen, einen mit pseudo-provokativen Bemerkungen aus der Reserve locken zu müssen. Es war viel einfacher, sich mit Brad und Jonathan zu unterhalten, weil wir alle dieselbe Art von Humor hatten. Die beiden fanden Petr ebenfalls ziemlich anstrengend und je weiter der Abend fortschritt, desto weniger versteckten sie es. Wir redeten über alles mögliche, wobei sich zeigte, dass ich einen ähnlichen Geschmack wie die Aussies hatte. So mochten sie ebenfalls Musik von Tom Waits und Billie Holiday, und die Bücher von Thomas Keneally. Petr hatte keine Ahnung, wer Tom Waits ist. Außerdem sprachen wir über die Arbeit. Petr war Dozent für Forstwissenschaft und sein Aufenthalt in Griechenland wurde, warum auch immer, von der EU finanziert. Schien er doch eher das (fade) griechische Bier als die griechischen Bäume zu erforschen. Ich erzählte von meiner Arbeit, auch wenn sie alle (wie die meisten Leute) ein bisschen falsche Vorstellungen davon hatten und nicht verstanden, warum ich keinen Artikel über meinen Urlaub schreiben wollte. Because nobody gives a fuck? "Because sometimes I just want to do something and not write about it." Als ob ich das wirklich könnte.

Um elf Uhr gingen wir schließlich ins Bett. Da Brad und Jonathan schon sehr früh am Morgen nach Meteora aufbrachen, musste ich mich von ihnen verabschieden, was mir sehr schwer gefallen ist. Ich treffe wirklich nicht oft Menschen, mit denen ich auf einer Wellenlänge liege und die beiden waren mir in den letzten Tagen richtig ans Herz gewachsen, vor allem Jonathan. There was a vibe, you know. Das einzige was schlimmer ist als Zimmergenossen, die man nicht mag, sind Zimmergenossen, die man zu sehr mag.

Nächstes Mal kommen wir dann zu meinem letzten richtigen Tag.

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