TV Night: Sherlock - The Abominable Bride




Es ist tatsächlich kaum zu glauben, dass die Ausstrahlung der dritten Staffel von Sherlock schon wieder zwei Jahre her ist. Obwohl mir die Staffel an sich ganz gut gefallen hat, war die Halbwertzeit eher kurz: Bisher habe ich sie nur einmal gesehen, während ich mich bei Staffel 1 und 2 wirklich zwingen musste, die Folgen nicht immer und immer wieder anzuschauen. Dementsprechend kam mir die Pause jetzt erheblich kürzer vor als zwischen der zweiten und dritten Staffel, obwohl sie beide etwa gleichlang waren. Auf Staffel 4 muss der geneigte Zuschauer allerdings noch mindestens ein weiteres Jahr warten. Dafür haben die Autoren Steven Moffat und Mark Gatiss zu Weihnachten ein Special namens The Abominable Bride vorgelegt.

Das Besondere an Sherlock ist ja, dass Moffat und Gatiss Arthur Conan Doyles Helden in das London des 21. Jahrhunderts verlegt haben. Das Besondere an The Abominable Bride ist, dass es im Viktorianische Zeitalter spielt, genauer gesagt 1895 - also zu Doyles Zeit. Holmes und Watson, wie sie sich nun nennen, werden von Inspektor Lestrade mit einem geradezu übersinnlichen Fall vertraut: Eine wild umhersschießende Braut hat sich das Leben genommen, nur um später mit halbem Schädel ihren Ehemann aufsuchen und diesen abzuknallen. Alle sind überzeugt, dass es sich bei der mörderischen Braut um einen Geist handeln muss - bis auf Sherlock natürlich. Als die Braut einem weiteren Mann droht, ihn zu töten, will er sie festnageln.

Anfangs glaubte ich, es handelte sich bei dem Special um einen Zwischendurch-Spaß, aber weit gefehlt: The Abominable Bride knüpft - ohne zuviel verraten zu wollen - sowohl inhaltlich als auch stilistisch an die dritte Staffel an. Nicht nur ist Watsons Frau Mary (Amanda Abbington) wieder mit dabei, auch sein Erzfeind Moriarty (Andrew Scott) lässt Sherlock einfach nicht los. Daneben besteht auch das Special aus verschiebenen Ebenen und surrealen Sequenzen, bei denen man oft nicht weiß, ob dies nun die Kerngeschichte oder eine kokaingeschwängerte Fantasie von Sherlock ist. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr rücken diese Sequenzen in den Vordergrund. Der eigentliche Fall gerät darüber ziemlich schnell in Vergessenheit. Er ist ein bisschen wie ein guter Zaubertrick: Faszinierend, solange man nicht weiß, was dahinter steckt. Die Auflösung ist hingegen ziemlich mau.

Wie in der dritten Staffel überschlägt sich Sherlock hier mit überraschenden Wendungen. Das sorgt dafür, dass The Abominable Bride im letzten Drittel ein ziemliches Durcheinander ist. Am Ende weiß man, was Moffat und Gatiss sagen wollen, aber mein Gott, haben sie es umständlich verpackt. Das heißt nicht, dass das Special nicht unterhaltsam wäre. Die Dialoge sind gewitzt wie eh und je, und - zu meiner besonderen Freude - auch mit zeitgenössischen Ausdrücken gespickt. Zudem ist The Abominable Bride voller Selbstreferenzen: Die Eröffnung ist praktisch dieselbe wie in der Pilotfolge A Study in Pink, nur eben ins viktorianische London verlegt. Zu den Schauspielern muss ich nicht mehr viel sagen: Alle brillieren erwartungsgemäß.

Fazit: The Abominable Bride ist ein erzähltechnisches Chaos, aber alles in allem doch ziemlich unterhaltsam - wenn man die vorherigen Staffeln gesehen hat.


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