Gee, that was swell: Lady Lamb @ Blue Shell, Köln



Manchmal ist es schon komisch: Da ist monatelang kein interessantes Konzert in Sicht, und dann finden plötzlich zwei in derselben Woche statt. Dass ich Sufjan Stevens und Lady Lamb mit nur wenigen Tagen Abstand sehen würde, hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt, aber so hin und wieder passieren die fantastischten Dinge. Gut, wahrscheinlich gab es in den letzten Monaten schon einige interessante Konzerte, aber da ich ja in aller Regel mehrere hunderte Kilometer dafür fahren müsste, besuche ich sie nicht. Für Lady Lamb (fka Lady Lamb the Beekeeper) habe ich allerdings eine Ausnahme gemacht, auch wenn ich dafür nach Köln musste und die Fahrtkosten fast viermal so hoch waren wie der Ticketpreis. Da ich ihre beiden Alben Ripely Pine und After so sehr liebe, konnte ich mir das einfach unmöglich entgehen lassen.

Im Blue Shell war ich zuvor noch nie. Es entpuppte sich als ziemlich kleiner Club, der mit etwa 30 Besuchern fast zur Hälfte gefüllt war. Das Publikum war allerdings gemischt, von jungen Erwachsenen bis zu Herren in fortgeschrittenem Alter war alles dabei. Dass Lady Lamb (oder Aly Spaltro, wie sie im echten Leben heißt) eine halbe Stunde auf sich warten ließ, fand ich zunächst nicht so toll. Andererseits war ich froh, sie dann tatsächlich zu sehen. Am Tag zuvor waren ihr in Brüssel Effektpedale und Merchandising gestohlen worden, wovon aber zunächst nichts zu merken war. Na ja, und als dann die ersten Töne von "You Are the Apple" erklangen, hatte ich schon vergessen, wie sehr mich die Warterei genervt hatte.

Lady Lamb erschien in Begleitung zwei junger Engländer namens Alex und Aiden (oder wie auch immer er sich schreibt), die Schlagzeug und Bass spielten. Aly selbst spielte E-Gitarre, und sang natürlich. Live fand ich es erst recht erstaunlich, wie voll und reif ihre Stimme ist, obwohl sie so jung und so zart ist. Trotz der eher kleinen Besetzung entwickelte "Apple" gleich eine unglaubliche Dynamik, die das Publikum einigermaßen sprachlos zurückließ. Während die Lieder von Ripely Pine ja oft sehr roh daherkommen, ist es beim Nachfolger After anders. Das darauffolgende "Billions of Eyes" etwa ist ein veritabler Ohrwurm, bei dem die Leute gleich mitsangen und mittanzten.

Die Songs unterschieden sich live nicht so sehr von den Albumversionen, auch wenn die Arrangements naturgemäß etwas reduzierter waren. Die Band machte jedoch das Beste daraus; so griff der Bassist bei "Spat Out Spit" zu den E-Drums und Lady Lamb nahm einen Teil ihres Gesangs auf um anschließend darüber zu singen. Überhaupt fehlte nichts: Die Songs waren live von so einer packenden Intensität, dass man nichst vermisste. Einzelne Lieder spielte Lady Lamb auch allein, zum Beispiel das berührende "Sunday Shoes". Mein persönlicher Höhepunkt war das vielseitige "Crane Your Neck", das zart und wild und tanzbar war.

In der zweiten Hälfte des Konzerts begann sie auch ein wenig mehr zu erzählen, etwa dass sie als Kind drei Jahre in Deutschland gelebt hatte (in einem kleinem Dorf im Süden, wenn ich das richtig verstanden habe), aber die Sprache inzwischen verlernt hat. Deswegen sei der Auftritt ein wenig wie nach Hause kommen. Zu den Diebstahl meinte sie nur, dass sie einen "rough day" gehabt hätte, aber dass sich ihre Stimmunge geändert hätten, weil wir alle tanzen und singen würden.

Ich für meinen Teil hätte gerne noch länger getanzt, aber nach gut einer Stunde ging sie bereits von der Bühne. Immerhin: Nachdem das Publikum anhaltend und lautstark applaudiert hatte, kam sie noch einmal zurück und sang auf Wunsch einer Zuschauerin "Up in the Rafters" a cappella und im Dunkeln - mit beeindruckender Stimmgewalt. Es war schon schade, dass das Konzert so kurz war und sie weder "Hair to the Ferris Wheel" noch "Rooftop" noch "Penny Licks" gespielt hat (meine drei Lieblingslieder), aber trotzdem war es ein wunderbarer Abend mit einer fantastischen Musikerin.

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