Today I Like... "I'm History/Charm School"



Manchmal ist es gar nicht so schlecht, noch die guten, alten Musikmagazine zu lesen, denn trotz aller Facebook-Likerei und Twitter-Followerei ist mir doch tatsächlich entgangen, dass Van Dyke Parks im letzten November wieder eine 7-Inch herausgebracht hat. Songs Cycled war ja auch eine Sammlung zuvor veröffentlichter Singles und es freut mich sehr, dass Parks die Tradition vorführt.

Bei "I'm History" und der B-Seite "Charm School" handelt es um zwei sehr verschiedene, aber auch sehr typische Van-Dyke-Parks-Stücke, die auch gut auf Songs Cycled gepasst hätten. In "I'm History" beschäftigt Parks sich mit dem Attentat auf John F. Kennedy im November 1963 und seinen Folgen - ein Thema, dass den 71-Jährigen sehr beschäftigt, auch weil sein Bruder in Vietnam gefallen ist. Parks ist sich sicher, dass wenn Kennedy wie auch sein Brudert Robert und Martin Luther King (deren Ermordung auch eine Rolle in "Dreaming of Paris" spielt) länger gelebt hätten, die Welt heute ein besserer Ort wäre. Diese Wehmut und dieses Bedauern ist nicht zu überhören in "I'm History", auch wenn das Arrangement mal wieder geradezu überquillt mit seinen tirillierenden Flöten, sanften Klarinetten, forschen Streichern, dem Akkordeon-Intermezzo, der prägnanten E-Gitarre et cetera. Wie sagt der Meister: "It's not a tune built for a dance floor."

"Charm School" auf der anderen Seite ist nach Parks' Aussage eine tropische Fantasie, "set in a post-Colonial, pre-Mac-World Caribbean idyll, set around lovers lounging in tree-limbs, watching croquet." In dem Lied knüpft Parks an seine beiden Calypso-of-sorts-Alben Discover America und Clang of the Yankee Reaper an und verbindet karibische Klänge mit stürmisch-leichten Streicherarrangements und groovenden Gitarrensounds. Wie es bei Van Dyke so Parks so üblich ist, fühlt man sich im ersten Moment ziemlich erschlagen von der wilden, üppigen Musik, aber sobald das Ohr sich sortiert hat, begreift man, dass es sich hier um zwei wunderbare, außergewöhnliche Stücke handelt. Auf dass sie der Auftakt zu einem weiteren, großen Songzyklus sein mögen.

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