Heavy, Heavy Rotation: Van Dyke Parks - Songs Cycled

 

Van Dyke Parks, die Zweite: Nachdem ich von Song Cycle so begeistert war, musste ich mir natürlich auch unbedingt sein neues Werk Songs Cycled anhören, sein erstes Studiolbum seit der Brian-Wilson-Kollaboration Orange Crate Art von 1995. Wobei die Lieder auf Songs Cycled auch nicht komplett neu sind, denn viele sind bereits in den letzten Jahren auf Parks' Bananastan-Label als 7-Inch erschienen; außerdem sind neue Versionen von "The All Golden" von Song Cycle und "Hold Back Time" von Orange Crate Art vertreten.

So ist das Album nicht nur voller Selbstreferenzen, es ist Van Dyke Parks in Reinkultur. Auch hier greift Parks verschiedene Musikstile auf und verbindet sie zu einem ganz eigenen Klang. In "Dreaming of Paris" etwa kombiniert er chansoneske Akkordeonmusik mit karibisch angehauchten Percussions und fröhlich-spritzigen Streichern, sodass das Lied, wie auch das instrumentale "Wedding in Madagascar", einen heiter-exotischen Charme verströmt. Weitere Ausflüge in die Weltmusik sind der bittere Calypsosong "Money is King", der aus den dreißiger Jahren stammt, sowie "Aquarium" aus Camille Saint-Saëns' Karneval der Tiere, das der Meister schon in den Siebzigern für die Esso Trinidad Steel Band neu arrangiert hat. Daneben gibt es aber auch immer wieder Anklänge an Parks' Heimat, den amerikanischen Süden, wie in "Sassafras" und "Missin' Missippi" mit ihren Zydeco-Sounds. Herzstück des Albums ist "The Parting Hand", in dem einer stimmgewaltiger Chor die gleichnamige Hymne singt, die jedoch nach gut einer Minute in eine traurig-sehnsüchtigen Streicherteil übergeht, bevor auf eine weitere Hymne, "Leaning on the Everlasting Arms", Bezug genommen wird. Mit dem Schlusstitel "Amazing Graces" taucht dann noch ein weiteres Kirchenlied auf dem Album auf.

Interessant ist, dass viele Songs nicht nur frisch klingen, sondern auch durch bestimmte Ereignisse eine ganz neue Aktualität erhalten: "Wall Street" etwa schrieb Parks' nach dem 11. September, aber wenn er dort von blutbedecktem Konfetti singt, denkt man unweigerlich auch an die Finanzkrise. "Black Gold" wiederum bezieht sich auf den Untergang des Oltänkers Prestige vor Galizien 2002, aber es weckt auch Erinnerungen an die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Andere Songs sind einfach zeitlos gut wie mein geliebtes "The All Golden", bei dem sich durch das Arrangement ganz neue Seiten eröffnen. Indem sich Parks hier auf Klavier und Akkordeon konzentriert, treten die pentatonischen Sequenzen zum Beispiel viel stärker hervor.

Es ist sicher nicht vorschnell oder übertrieben zu sagen, dass es sich bei Songs Cycled um ein Meisterwerk handelt, das sich nicht hinter dem Debüt verstecken muss. Natürlich ist Parks ein Vertreter der Fraktion "mehr ist mehr", aber seine Lieder wirken nie überladen da er es wie kein zweiter versteht, die verschiedenen Musikstile zu verbinden. Songs Cycled ist die Neuerscheinung, auf die ich seit Monaten warte: Seit es veröffentlicht wurde, kann ich nichts anderes hören (mit Ausnahme von Song Cycle), und jedes Mal wenn ich es höre, dann möchte ich am liebsten vor Freude weinen, weil es so gut ist. Weil es perfekt ist.

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