Movie Night: Capote



Wie jeder, der sich halbwegs für Filme interessiert, war ich ziemlich geschockt über den Tod von Philip Seymour Hoffman. Und auch ein bisschen überrascht darüber, wie schockiert ich war, bis ich all die großartigen Rollen Revue pasieren ließ, in denen ich Hoffman gesehen habe, angefangen bei seiner Darstellung als Lester Bangs in Almost Famous, in der er seinerzeit einen Rieseneindruck auf mich gemacht hat. Am meisten hat er mich aber wohl in seiner oscarprämierten Rolle als Truman Capote begeistert, sodass ich mir den Film noch einmal angesehen habe.

Capote konzentriert sich auf die Jahre 1959 bis 1965, in denen der Schriftsteller sein Meisterstück In Cold Blood verfasste. In einem New-York-Times-Artikel erfährt Capote über den Mord an einer Farmersfamilie in Kansas und beschließt, darüber zu schreiben. Zusammen mit seiner Kindheitsfreundin, der Schriftstellerin Harper Lee (Catherine Keener), macht sich Capote auf den Weg in den Mittleren Westen, um zu dem Vorfall zu recherchieren. Seine Berühmtheit öffnet Capote einige Türen, zunächst beim Ermittler Alvin Dewey (Chris Cooper) und dessen Frau (Amy Ryan). Am meisten interessiert sich der Schriftsteller jedoch für die beiden Täter Richard Hickock (Mark Pellegrino) und Perry Smith (Clifton Collins Jr.). Insbesondere Smith kommt Capote dabei emotional sehr nahe, vielleicht zu nahe.

Anders als andere Biopics beschäftigt sich Capote glücklicherweise nicht mit dem gesamten Leben seiner Hauptfigur, sondern nur mit einer bestimmten Periode. Dennoch muss der Film mangels Zeit an der Oberfläche bleiben und schreitet stellenweise arg schnell voran. Wer zum Beispiel mehr über den eigentlich Mordfall erfahren möchte, ist hier definitiv an der falschen Adresse, denn dieser spielt kaum eine Rolle. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen Capote und Smith, von der niemand so genau weiß, wie weit sie eigentlich ging. Regisseur Bennett Miller und Drehbuchautor Dan Futterman bleiben angenehm uneindeutig, dennoch - oder gerade deshalb - sind die geradezu kammerspielartigen Begegnungen zwischen den beiden Figuren sehr packend.

Capote lebt von seinen Darstellern, allen voran natürlich Philip Seymour Hoffman, der hier eine Leistung wie von einem anderen Stern abliefert. Wer sich jemals Originalaufnahmen von Truman Capote angesehen hat, merkt sofort, dass Hoffman sich Capotes Eigentümlichkeiten wie seine Fistelstimme nicht bloß angeeignet hat, sondern regelrecht zu Capote "mutiert" ist. Catherine Keener agiert als erfrischend subtiler Gegenpol zu dem Exzentriker, während Clifton Collins Jr. Smith als erschreckend sympathischen Mörder darstellt, sodass es nicht schwer fällt sich vorzustellen, warum er Capote so in seinen Bann gezogen hat.

Fazit: Knappes, aber faszinierendes Pyschogramm einer komplexen Persönlichkeit mit einem herausragenden Philip Seymour Hoffman.

 

Kommentare

  1. Wenn du (filmisch) mehr über den Mord erfahren möchtest, dann unbedingt Richard Brooks "In Cold Blood" (1967) anschauen. Gute Verfilmung, die sich auf die Tat selbst konzentriert.

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    1. Danke für den Tipp! Als ich "Capote" damals im Kino gesehen habe, hat es mich ein wenig gestört, dass so wenig über den Mord selbst gesagt wird. Mittlerweile habe ich "In Cold Blood" gelesen, aber ich wusste nicht, dass das Buch auch verfilmt worden ist.

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