Books I've Read: Vladimir Nabokov - Das Bastardzeichen

 

Bei Vladimir Nabokov denkt jeder natürlich zuerst an Lolita. Weniger bekannt ist hingegen die Dystopie Das Bastardzeichen (original Bend Sinister), das zweite Buch, das Nabokov in englischer Sprache verfasste und das erste, das er in den USA schrieb. Das Bastardzeichen entstand direkt nach dem Zweiten Weltkrieg und spielt in einem fiktiven totalitären Staat in Osteuropa, in dem ein jämmerlicher kleiner Diktator namens Paduk die Macht an sich gerissen hat.

Hauptfigur des Romans ist Adam Krug, der gerade seine Frau bei einer Operation verloren hat. Krug ist ein weltbekannter Philosoph, dessen Ruf Paduk nur zu gern für sich selbst nutzen möchte - bisher jedoch vergeblich, denn Krug hat so gar nichts für den Diktator und seine gleichmacherische Ideologie des "Ekwilismus" übrig. Wie der Zufall es so will, war Paduk einst ein Mitschüler von Krug, den der Philosoph damals mit Lust und Laune drangsaliert hat und den er nur "Kröte" nennt. Vielleicht gerade weil er Paduk schon als Kind kannte, hat Krug keinerlei Angst vor ihm und seinen Schergen; auch glaubt Krug, dass sein internationaler Ruf ihn schützt. Selbst als Krugs Bekannte nach und nach verhaftet werden, gibt er seine Verweigerungshaltung nicht auf. Doch die Diktatur weiß, wie sie den berühmten Professor brechen kann, denn er hat eine "Schwachstelle": Seinen achtjährigen Sohn David.

Nabokovs Dystopie ist insofern außergewöhnlich, als dass es sich in weiten Teilen um eine Groteske handelt. Dem Autor geht es weniger darum, die Schrecken einer Diktatur aufzuzeigen, als sich über sie lustig zu machen. In gewisser Weise trifft er damit den Nagel auf den Kopf, denn bei den meisten Diktatoren handelt es sich nun einmal um ziemlich lächerliche Figuren. Er blendet jedoch den Terror des Totalitarismus nicht aus; insbesondere im letzten Teil des Buches zeigt Nabokov mit Schrecken, wozu solche Witzfiguren wie Paduk fähig sein können. Dennoch schwebt stets ein gewisser Unernst über der Geschichte, unter anderem weil der Autor immer mal wieder selbst in Erscheinung tritt und geradezu willkürlich Änderungen an der Handlung vornimmt. Auch ist Krug nicht der klassische Held. In manchen Rezensionen wird er als Widerstandskämpfer beschrieben, aber das sehe ich überhaupt nicht so. Krug ist ein Verweigerer - als er seine passive Haltung aufgibt und endlich zum Angriff übergeht, ist er schon nicht mehr er selbst.

Wenngleich ich Nabokovs Konzept sehr interesssant finde und er gekonnt die Merkmale totalitärer Ideologien herausarbeitet, habe ich mich doch etwas schwer getan mit Das Bastardzeichen. Das liegt in erster Linie an den diversen philosophischen Exkursen, die mir oft zu abgedreht waren. Am besten ist Nabokov immer dann, wenn er bei der Sache bleibt. Dann kann er wirklich starke Szenen produzieren, etwa wenn er Paduk zu Schulzeiten beschreibt oder die Maßnahmen, mit denen der Diktator Krug endgültig zerstört. Ein bisschen habe ich mich auch geärgert, dass ich Das Bastardzeichen nicht im Original gelesen habe, denn in englischen Rezensionen werden immer wieder Nabokovs wunderschöne Prosa und die cleveren Wortspiele gelobt. Ich habe den Eindruck, das ist in der deutschen Fassung etwas verloren gegangen.

Fazit: Interessant zu lesen aber schwer zu lieben.

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