My Own Private Odyssey: I rode past destruction in the ditches

Dass die zweite Nacht so unruhig war, was auch deshalb ungünstig, weil ich mir für diesen Tag vorgenommen hatte, die Akropolis zu besichtigen. Der Reiseführer empfahl, sie entweder früh am Morgen oder spät am Abend zu besuchen, um den Touristenmassen zu entgehen. So hoffte ich, dass relativ früh an einem Montagmorgen noch nicht so viele Menschen dort unterwegs sind und dass es vielleicht auch noch nicht so heiß sein würde. Soweit der Plan. Als ich jedoch um halb neun in die U-Bahn stieg, zeigte das Thermometer bereits eine Temperatur von 27 Grad an, und als ich eine Viertelstunde später die Promenade zum Eingang hochging, hielten dort schon unzählige Busse. Großartig.

Die Akropolis - sie ist eine von den Sehenswürdigkeiten, die ich mir schon seit Ewigkeiten ansehen will. Es ist ein bisschen peinlich, aber als ich ein Kind war, war einer meiner Lieblingsfilme Alvin und die Weltenbummler. Wenn ihr ein Kind der Achtziger seid, erinnert ihr euch wahrscheinlich an diesen Film: die Chipmunks und die Chipettes reisen im Heißluftballon um die Welt und werden dabei ohne ihr Wissen als Diamantenschmuggler benutzt. Jedenfalls gibt es dort eine Szene, in der die sechs auf der Akropolis tanzen, was ich damals unglaublich cool fand (heute würden mich die Quietschestimmen wohl in die Wahnsinn treiben). Seitdem will ich das Ding unbedingt sehen. Heute interessiert es mich jedoch vor allem deshalb, weil es eins der bedeutensten Bauwerke der westlichen Kulturgeschichte ist.

Nun sieht die Akropolis in der Realität völlig anders aus als in dem Chipmunks-Film; so liegt zum Beispiel höher als ich erwartet hatte (wenn auch nicht wirklich hoch, mit 150 Metern). Zusammen mit zahlreichen Reisegruppe schob ich mich den Eingang hoch, von dem man einen sehr guten Blick auf das Odeum des Herodes Atticus hat:




Auf dem Plateau angekommen, fühlten sich naturgemäß alle von dem Parthenon, dem berühmtesten Bauwerk auf der Akropolis, angezogen. Auch wenn nicht mehr besonders viel davon übrig ist, und der Rest mit Gerüsten zwecks Restauration umstellt ist, ist das Parthenon immens beeindruckend. Wie muss es erst in der Antike gewesen sein?




Am Ende verbrachte ich gar nicht so viel Zeit auf der Akropolis, vielleicht eine halbe Stunde, weil es so heiß und voll war, aber auch weil nicht mehr besonders viel übrig ist. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man sie unbedingt einmal gesehen haben muss. Ich finde es immer schöner, wenn ich berühmte Orte mit einer Erinnerung verbinden kann, anstatt sie mir nur vorzustellen. Neben dem Parthenon gefiel mir vor allem das Erechtheion. Dessen Restauration ist meines Wissens abgeschlossen, sodass es sich in vergleichsweise gutem Zustand befindet:



Während sich die Massen zurück zum Busparkplatz bewegten, ging ich den Südhang hinunter und schaute mir das Dionysos-Theater an, von dem noch einige Ränge erhalten sind:


Eigentlich hatte ich im Anschluss vorgehabt, das Akropolis-Museum zu besichtigen, um mehr über den Hintergrund der Bauwerke zu erfahren. Allerdings hatte ich übersehen, dass es montags geschlossen hat. Ich konnte es mir natürlich auch am Dienstag ansehen, aber ein klein wenig enttäuscht war ich schon, da ich unbedingt das berühmte Parthenonfries sehen wollte. Stattdessen klapperte ich die anderen Sehenswürdigkeiten ab, die in dem Akropolispass enthalten sind, mit Ausnahme der Roman Agora, da es dort dem Lonely Planet zufolge praktisch nichts zu sehen gibt.

Zuerst machte ich mich auf zur antiken Agora, dem ehemaligen Athen. Dessen Überreste liegen unweit des Monastiraki-Platzes, sodass ich wie am Vortag wieder die Promenade herunterging, die diesmal allerdings fast wie ausgestorben wirkte, weil all die Bars noch geschlossen hatten. Dort gibt es auch einen kleinen Park, in dem ich eine kleine Pause einlegen wollte - bis ich ihn näher betrat. Auf den Bänken saßen verdreckte Männer, die dem Alkohol offensichtlich all zu sehr zugetan waren, außerdem stank es überall so stark nach Urin, dass es kaum auszuhalten war.

Ohnehin ist die Agora ein viel besseres Plätzchen für eine Pause. Ich war ganz überraschend, dass sich mitten in der Athener Innenstadt, und vor allem in dem hässlichen Bereich zwischen Thissio und Monastiraki, so ein hübsches Fleckchen Erde befindet. Überall wachsen Olivenbäume und Sträucher, zwischen denen immer wieder ein antikes Überbleibsel auftaucht, das oftmals sogar in erstaunlich gutem Zustand war, allen voran der Tempel des Hephaestus:


Obwohl eine Reihe Touristen dort waren, war es sehr ruhig und friedlich. Bei der Hitze war es sehr angenehm, einfach im Schatten der Bäume zu sitzen und eine Weile nichts zu tun:






Neben den antiken Überresten findet sich dort übrigens auch eine kleine orthodoxe Kirche, die wahrscheinlich im 10. Jahrhundert gebaut wurde und diverse Fresken enthält. Besonders beeindruckt hat mich jedoch die alte Stoa, die man komplett restauriert hat. Im Inneren sind eine Reihe antiker Skulpturen ausgestellt, außerdem hat man von dort einen großartigen Blick auf die gesamte Agora:





Da es mir so gut gefallen hat, machte ich mich gleich zu nächsten Ausgrabungsstätte auf: Kerameikos, die westlich der Thissio-Station liegt. Dabei handelt es sich um das ehemalige Töpferviertel der Stadt (daher wohl das Wort Keramik), in dem sich auch ein bedeutender Friedhof befand. Kerameikos ist nicht ganz so bewaldet wie die Agora, aber ebenfalls sehr hübsch. Außerdem hatte ich es zu dem Zeitpunkt fast für mich allein, was sehr angenehm war. Von den Ausgrabungsstücken gefielen mir am besten die zahlreichen Grabsteine:









Da die Sonne vom Himmel brannte, verzog ich mich unter einen Baum und las eine Weile. Als ich meinen Blick jedoch einen Moment von dem Buch abwendete, erblickte ich zu meiner großen Freude... eine Schildkröte! Eine Schildkröte schlich tatsächlich dort vorbei. Ich war natürlich außer mir vor Begeisterung. Leider ist es mir nicht gelungen, ein wirklich gutes Bild von ihr zu schießen, bevor sie sich in einen Busch verkroch:

Turtle on the move!
Zur Ausgrabungsstätte gehört auch ein kleines Museum, in dem sich weitere Skulpturen und Grabsteine befinden, sowie eine Reihe Urnen. Letztere haben mich an Keats erinnert, denn eins meiner liebsten Gedichte von ihm (und überhaupt) ist "Ode on a Grecian Urn". Allein solche Zeilen wie: "Fair youth, beneath the trees, thou canst not leave/Thy song, nor ever can those trees be bare/Bold Lover, never, never canst thou kiss/Though winning near the goal—yet, do not grieve/She cannot fade, though thou hast not thy bliss/Forever wilt thou love, and she be fair!" Perfekt.



Im Anschluss fuhr ich mit der Metro zum Syntagma-Platz, wo es Wlan gibt und ich endlich mal ins Internet konnte. Da es zufällig zur vollen Stunde war, hatte ich zudem Gelegenheit, mir die Wachablösung am Grab des unbekannten Soldaten anzuschauen. Zwei bedauernswerte Wächter müssen dort nämlich in der Hitze völlig regungslos herumstehen. Die ganze Ablösungsprozedur erschien mir ziemlich albern, da die Soldaten eine Reihe merkwürdiger Bewegung vollziehen müssen, zum Beispiel in lächerlich großen Schritten stolzieren, als wären sie eine Marionette. Außerdem tragen sie noch so putzige Schuhe mit Riesenbommeln oben drauf, was nicht gerade zu ihrer Seriosität beiträgt.





Nachdem ich erneut die Zappeion-Gärten durchquert hatte, fiel mir ein, dass ich mir ja noch das Panathinaiko-Stadium anschauen wollte, in dem 1896 die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit stattfanden. Meine Neugier nahm allerdings stark ab, nachdem ich dafür eine geradezu selbstmörderische Kreuzung überqueren musste. Zu allem Überfluss wollten sie auch noch drei Euro Eintritt dafür haben, und das war es mir nicht wert. Also warf ich nur einen kurzen Blick drauf und drehte mich wieder um.


Anschließend schaute ich mir die Überreste des Zeus-Tempels aus der Nähe an (am Vortag hatte ich sie ja bereits aus der Entfernung gesehen). Es ist schon beeindruckend, wie riesig die Säulen sind, aber zwei Euro wäre mir der Eintritt nicht wert gewesen, da nicht mehr sooo wahnsinnig viel übrig ist und man sie auch von außerhalb des Zauns sehr gut erkennen kann. Insgesamt muss ich jedoch sagen, dass der Akropolis-Pass wirklich good value ist, vor allem die Agora und Kerameikos sollte man besuchen und sei es auch nur, um einen sauberes, ruhiges Plätzchen zum Ausruhen zu haben. Was ich auch sehr gut fand war, dass es dort überall Getränkeautomaten gibt, die nur 40 Cent für einen halben Liter Wasser nehmen. Das ist zwar mehr als im Supermarkt, aber in Deutschland würde das bestimmt mindestens einen Euro kosten.


Im Anschluss machte ich mich auf den Weg zurück ins Hostel, da ich einen Mordshunger hatte und den Weg zum nächsten Supermarkt wissen wollte. Es gab zwar einen in der Nähe, allerdings nur einen Spar, die ja dafür bekannt sind, das man eben das dort nicht tut. Wahnsinnig viele Supermärkte gibt es in Griechenland eh nicht und wenn, dann sind sie auch nicht besonders groß (soweit meine Erfahrung). Dafür sind sie günstiger als die Minimärkte, wenn auch nicht viel. Denn obwohl Krise herrscht, sind die meisten Lebensmittel teurer als in Deutschland. Eine Packung Feta kostet gar vier Euro! Vier! Auch für gefüllte Weinblätter in der Dose wollen sie 1,80€ haben. Hmpf. Am liebsten hätte ich mich nur davon ernährt, aber so griff ich zu Nudeln und Tomatensauce, da man schon drei Dosen Weinblätter braucht, um wirklich satt zu werden. Und dann war da noch die Sachen mit dem Frühstück. Ich wollte eigentlich Haferflocken kaufen, da sie schnell sättigen und superbillig sind - außer in Griechenland. 3,50€ wollten sie für ein Pfund haben! Ich dachte, ich spinne. Am Ende habe ich dann Bran genommen, da kostete eine Packung "nur" 2,60€.

Den Abend verbrachte ich damit, Die Messer der Zeit zu Ende zu lesen. William Carlos Williams ist ja in erster Linie für seine Gedichte bekannt, aber seine Kurzgeschichten haben mir sehr gefallen. Sie haben mich an Dannie Abse erinnert, da Williams auch hauptberuflich Arzt war und es sich oftmals um autobiographical fiction handelt. Die Geschichten spielen hauptsächlich im kleinstädtischen Amerika, wobei Williams für die damalige Zeit recht kontroverse Themen wie Homosexualität und Drogensucht behandelt. Ich war jedenfalls sehr beeindruckt.

Was mir auch gefiel war die Tatsache, dass ich das Zimmer in der Nacht nur mit einer Brasilianerin teilte, die abends auch noch ausging, sodass ich ausnahmsweise relativ früh schlafen gehen konnte. Ingesamt war es ein ziemlich guter Tag gewesen. Der junge Mann vom Vortag hatte Recht gehabt, ich fühlte mich schon viel sicherer, vielleicht weil ich den ersten "Kulturschock" überwunden hatte. Mehr Meilensteine der griechischen Kunstgeschichte gibt es dann beim nächsten Mal.

Kommentare

  1. Oh, da war die Schildkröte schneller als Du wohl - da muß ich aber einen riesigen Schluck Kaffee nehmen, um den Lästerer runterzuspülen. Ja Dannie, Lebensmittel sind in Deutschland im Vergleich zum durchschnittlichen Einkommen sehr preiswert im allgemeinen. In sehr vielen Ländern müssen die Bewohner einen sehr viel höheren Prozentsatz ihres Einkommens für das tägliche Leben ausgeben. Und gefüllte Weinblätter haben mich in der Türkei, wo die auch beliebt sind, nicht wirklich vom Hocker gehauen. Kann ich locker dran vorbei gehen. Liebe Grüße und schreib mehr! Rudi

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