Gee, that was swell: Aimee Mann @ Gloria Theater, Köln



Ich weiß noch genau, wann ich zum ersten Mal Aimee Mann gehört habe: Am 27. März 2000. Es war die 72. Verleihung der Oscars und sie war für ihren Song "Save Me" aus dem Film Magnolia nominiert. Das war übrigens auch das erste Mal (glaube ich), dass ich einen Song von Randy Newman hörte, "When She Loved Me" aus Toy Story. Den mochte ich zwar, aber da Sarah McLachlan ihn sang, fiel Randy mir nicht groß auf. Es sollte noch ein paar Jahre dauern, bis ich seine Brillanz entdeckte. Am Ende gewannen weder Aimee noch Randy, sondern Phil Collins (!) für seine Tarzan-Schnulze. Das war der wohl größte Fehlgriff seit der Oscar an "My Heart Will Go On" ging und nicht an Elliott Smith. Doch Oscar hin oder her: Ich war vom ersten Moment an fasziniert von Aimee. Ich dachte, dass sie die coolste Frau der Welt sein muss. Ihre Musik war anders als alles was ich bis dahin gehört hatte (im Großen und Ganzen Peer-Group-Teenie-Crap) und der Song ließ mich nicht los. Wenig später holte ich mir den Soundtrack zu Magnolia, der zum größten Teil aus ihren Songs besteht, und dann Bachelor No. 2

Monate lang, vielleicht sogar ein ganzes Jahr über, hörte ich nichts anderes als diese beiden Alben. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass sie meine Hörgewohnheiten von Grund auf änderten. Zum ersten Mal hörte ich Platten, von denen ich alle Titel mochte und nicht nur ein paar. Erst zu diesem Zeitpunkt begriff ich wirklich, was Musik alles kann. Aimee Mann war für mich der Schlüssel, der die Tür zu guter Musik öffnete. Und auch in meiner persönlichen Entwicklung waren diese Alben enorm wichtig für mich. Ich hatte zwar vorher schon Sängerinnen gehört, aber es gab niemanden, zudem ich so aufschaute oder mit dessen Texten ich mich so identifizieren konnte. Als Teenager hat es mir sehr geholfen, so eine starke Frau als Vorbild zu haben: Jemand, der den Mund aufmacht (so etwas kannte ich damals nicht von Frauen), jemand der um das Schlechte in anderen Menschen wusste und sich dennoch nicht unterkriegen ließ. Seitdem waren Aimees Lieder auch immer ein Trost in schwierigen Zeiten.

Es ist also nur fair zu sagen, dass ich seit jener Oscar-Nacht ein Fan von Aimee bin, seit fast 13 Jahren, fast mein halbes Leben lang, länger als von jedem anderen Musiker, sogar länger als von Bob Dylan (den ich übrigens auch durch einen Filmsong kennen lernte, "Things Have Changed" aus Wonder Boys). Trotz dieser langen Zeit habe ich es nie geschafft, Aimee Mann einmal live zu sehen. Ich hatte schon einmal geschrieben, dass sie relativ selten neue Alben aufnimmt und tourt, und wenn sie nach Deutschland kam, dann natürlich nur in die größten Städte und ich hatte nie die Gelegenheit (oder das Geld) dorthin zu kommen. Doch als ich erfuhr, dass sie in diesem Jahr in Köln auftritt, konnte ich die Möglichkeit, sie einmal zu sehen, nicht erneut verstreichen lassen.

So machte ich mich dann auf den Weg nach Köln, ins Gloria Theater. Im ersten Moment war ich etwas enttäuscht, als Ted Leo die Bühne betrat, da mir entgangen war, dass sie einen Support dabei hatte. Noch länger warten! Aber was ist schon eine Stunde im Vergleich zu 13 Jahren. Leo gefiel mir außerdem ziemlich gut und Aimee kam sogar für zwei gemeinsame Songs auf die Bühne. Sie erzählten, dass sie ein gemeinsames Projekt namens "Both" planen, ein wahrlich origineller Titel. "It seemed like a good idea when we were drunk in the back of the bus", erklärte Aimee.

Nach einer Pause kehrte sie um kurz nach neun mit ihrer vierköpfigen Band zurück und ich merkte, wie wenig sich seit der Oscar-Nacht verändert hatte: Für mich war sie immer noch die coolste Frau auf der Welt und ich war vom ersten Moment an hin und weg. Sie spielte einige Songs von Charmer, was ja nun nicht mein Lieblingsalbum ist, aber live gefielen mir die Titel wesentlich besser, da sie viel mehr Seele hatten. Dennoch war ich am meisten von den älteren Sachen begeistert, wie "You could make a killing", "Lost in Space", den Magnolia-Liedern oder "It's not safe". Mit Ted Leo sang sie zusammen "Living a Lie" und das Thin-Lizzy-Cover "Honesty Is No Excuse", das das Konzert beendete. Das einzige, was mich etwas enttäuscht hat war, dass sie nur 90 Minuten spielte. Dafür verstand sie es, das Publikum zu unterhalten. Sie sprach sogar ziemlich viel Deutsch, was nicht so überraschend ist, wenn man bedenkt, dass sie in The Big Lebowski eine deutsche Nihilistin gespielt hat. Ihr trockener Humor bestärkte zudem nur meinen ersten Eindruck.

Und auch wenn ich ihr die ganze Nacht und noch länger hätte zuhören können, war ich mehr als zufrieden, als ich das Gloria verließ. Some things are well worth the wait.


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