TV Night: Mad Men (Season 7.1)



ACHTUNG: SPOILER

Die Leiden des Serienliebhabers #243: Nachdem ich so viele Lobpreisungen über Mad Men gehört habe, habe ich mir im letzten Herbst die Staffeln 1 bis 6 angesehen. Damals dachte ich noch, dass Staffel 7 bald hinterher kommt und ich daher nicht lange warten brauche, bis die Serie durch ist. Pustekuchen! Kurz darauf hat AMC bekannt gegeben, Mad Mens finale Staffel in zwei Teile von jeweils sieben Folgen aufzusplitten, wobei die letzten Episode im Frühjahr 2015 laufen wird. 2015!!! I was not amused. AMC hatte das bereits mit der Breaking Bad durchgezogen, was man vielleicht noch ansatzweise verstehen kann, aber Mad Men eignet sich nun überhaupt dafür, wie eine Jungfrau in einer Zaubershow brutal in zwei Teile geschnitten zu werden. Bisher war es bei jeder Staffel so, dass sie sich langsam entwickelt und ihren Höhepunkt in der letzten Folge erreicht hat. Mal ganz abgesehen davon, dass bei Mad Men jedes Detail wichtig ist und man zuviel vergisst, wenn fast ein Jahr zwischen den Ausstrahlungen vergeht.

Aller Protest hat freilich nicht geholfen, sodass die siebte Staffel nun aus den Teilen "The Beginning" und "The End" besteht. Und wie auch in den anderen Seasons braucht Mad Men eine Weile, um in Gang zu kommen. Die Autoren, darunter Kreateur Matthew Weiner, nehmen sich viel Zeit, um ihre Geschichte zu erzählen. Abgesehen von Don und Peggy gibt es glaube ich keine Figur, die in jeder Episode zu sehen ist. A propos Don und Peggy: Die Staffel beginnt für beide alles andere als zufriedenstellend. Wir erinnern uns: Don wurde zwangsbeurlaubt, nachdem sein Alkoholismus überhand genommen und er vor einem Klienten über seine Kindheit im Puff geplaudert hat. Peggy hat sich nach Dons Abschied die berechtigte Hoffnung gemacht, nun endlich kreatives Oberhaupt bei SC&P zu werden, doch dies sind immer noch die Sechziger, und eine Frau an der Spitze undenkbar. So bekommt Peggy Lou Avery vor die Nase gesetzt, der nicht nur durch Inkompetenz glänzt sondern auch ein Arschloch extraordinaire ist.

So liegt zunächst alles in Trümmern. Don versauert mit Whiskey vor dem Fernseher und schafft es nur noch sich zu duschen und anzuziehen, wenn Besuch vor der Tür steht. Seine Beziehung zur Firma ist ruiniert, seine Ehe steht auf mehr als wackligen Füßen nachdem Frau Megan an die Westküste gezogen ist auch Tochter Sally will nichts mehr von ihm wissen, nachdem sie ihren Vater inflagranti mit der Nachbarin erwischt hat. In den nächsten Folgen renkt sich alles zumindest vorläufig wieder ein; Megan und Don versuchen bei dessen Besuchen in L.A. ihre Ehe irgendwie zu kitten, und Sally verabschiedet sich nach einem gemeinsamen Road Trip am Valentinstag bei Don mit den Worten "I love you" - eine der anrührendsten Szenen der gesamten Staffel. Don schafft es sogar in die Agentur zurückzukehren, auch wenn ich nicht ganz nachvollziehen kann, warum. Schließlich zeigt ihm, abgesehen von Roger, jeder die kalte Schulter.

Oberflächlich betrachtet ist fast alles wie früher, dennoch ändern sich die Zeiten rapide. Besonders deutlich wird dies an dem einen ganzen Raum einnehmenden Computer, den SC&P sich anschafft. Der Computer treibt den eh schon fragilen Michael Ginsberg endgültig in den Wahnsinn - so sehr, dass er sich selbst die Brustwarze abschneidet und sie Peggy in einer Geschenkbox präsentiert. Bei aller Ruhe hatte Mad Men schon immer den Hang, seine Zuschauer zu schocken, und wohl nie so sehr wie in dieser Szene.

In der letzten Episode "Waterloo" gibt es dann so viele Umwälzungen wie in der ganzen Staffel nicht: Megan und Don trennen sich endgültig, Peggy gibt eine brillante Präsentation und gewinnt Burger Chef als Kunden, Bert Cooper stirbt, und Roger Sterling veranlasst die Fusion der Agentur mit McCann Erickson - und das alles vor dem Hintergrund der Mondlandung. Ich musste umgehend an ein Zitat aus Moon Palace denken: "The sun is the past, the earth is the present, the moon is the future." Eine neue Ära ist angebrochen, und doch ist von Aufbruchstimmung nicht viel zu spüren. Die Fusion rettet Don zwar den Job und bringt ihm einige Millionen, doch kaum ist alles perfekt, erscheint ihm - in einer grandiosen Musicalszene - der tote Bert Cooper, und was wir am Ende sehen ist ein gebrochener, in Tränen aufgelöster Don. "The best things in life are free", singt Cooper, doch was bleibt Don noch außer seiner Arbeit?

Ich muss zugeben, dass ich mich zunächst ziemlich schwer getan habe mit Mad Men, weil die Figuren nicht besonders liebenswürdig sind. Selbst in dieser Staffel hat jeder, der noch halbwegs als Sympathieträger durchgehen könnte, seine unausstehlichen Momente. Dennoch liebe ich die siebte Staffel mehr als alle anderen, gerade weil die Figuren mittlerweile so gut ausgearbeitet sind. Sie sind voller Fehler, aber sie wachsen einem doch irgendwie ans Herz - die meisten zumindest. Peggy hat, nachdem sie ihre Affäre mit Ted zu Beginn der Staffel kurzzeitig aus der Bahn geworfen hat, wieder zu sich zurckgefunden und einmal mehr unter Beweis gestellt, dass sie die einzige ist, die mit Don Drapers Genie mithalten kann. Besonders hat mich aber die Entwicklung von Roger beeindruckt, der in der ersten Folge noch mit unzähligen Frauen die Hotelsuite geteilt hat, aber nach Berts Tod endlich Verantwortung übernimmt und die Agentur mit einem genialen Coup vor Cutlers Modernisierungsabsichten rettet, die das Ende von SC&P bedeutet hätten.

Das einzige, was ich an "The Beginning" zu bemäkeln habe, ist dass einige Figuren sehr in den Hintergrund treten, Ken Cosgroves Szenen kann man beispielsweise an einer Hand abzählen. Ansonsten ist die erste Hälfte der siebsten Staffel ziemlich perfekt. Die Schauspieler sind fantastisch, die Drehbücher sowieso und das Setdesign ist ein Traum. "It's all up in the air", überschrieb AMC die Staffel und tatsächlich ist die Unsicherheit immer präsent. The Timey they are a-changin', und keine Figur weiß so richtig, wie sie damit umgehen soll. Gleichzeitig habe ich als Zuschauer nicht die geringste Ahnung, wie es Don und Peggy und all den anderen weitergeht, und vor allem wie die Autoren es schaffen wollen, die Geschichte in sieben Episoden zu Ende zu erzählen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie es schaffen, aber es scheint so noch so viele lose Enden zu geben, gerade auch weil die Agentur sich wieder neu erfindet. Alles ist in der Schwebe und gerade das macht es so schwierig, elf Monate auf die Fortsetzung zu warten.

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