Books I've Read: Carl Bernstein/Bob Woodward - All the President's Men



Wenn ich bedenke wie sehr ich den Film All the President's Men liebe und wie ich oft ich ihn gesehen habe, dann frage ich mich schon wieso ich erst kürzlich auf die Idee gekommen bin, die Buchvorlage von Carl Bernstein und Bob Woodward zu lesen. In erster Linie habe ich wohl gehofft, ein bisschen was von diesen Giganten lernen zu können, die maßgeblich zur Entdeckung und Aufklärung der Watergate-Affäre beigetragen haben und so zu Helden unzähliger Journalisten (einschließlich mir) wurden.

Alles begann am 17. Juni 1972, als fünf Männer dabei erwischt wurden, wie sie in das Hauptquartier der Demokraten im Watergate-Komplex einbrachen. Für Washington-Post-Reporter Bob Woodward klingt die Story zunächst wenig interessant, bis er erfährt, dass die Männer mit Abhörtechnik ausgestattet waren und einer von ihnen Verbindung zur CIA hat. Da der 29-jährige Woodward erst seit relativ kurzer Zeit bei der Post täig ist, wird ihm sein 28-jähriger Kollege Carl Bernstein zur Seite gestellt. Auf den ersten Seiten des Buches - das in der dritten Person verfasst ist - machen die beiden keinen Hehl daraus, dass sie sich zunächst gar nicht leiden konnten. Im Laufe der Zeit lernen sie sich jedoch besser kennen und werden echte Freunde. Auch hinter der Einbruchstory steckt wesentlich mehr, als die beiden zunächst vermutet haben. Erste Spuren führen die Reporter zum Kommittee zur Wiederwahl des Präsidenten, das Gelder für fragwürdige Zwecke eingesetzt hat. Im Laufe der nächsten anderthalb Jahre entdecken Woodward und Bernstein, dass der Einbruch im Watergate nur ein kleiner Teil einer riesigen Abhörkampagne der Republikaner war, mit dem Ziel, den Ruf der Demokraten weitgehend zu zerstören.

Manchmal könnte man glatt vergessen, dass es sich bei All the President's Men um ein Sachbuch und nicht um einen Roman handelt. Gerade wenn Woodward sich mit seinem Informanten Deep Throat (der erst 2005 als W. Mark Felt, damalige Nr. 2 des FBI, identifiziert wurde) trifft, erinnert das Buch eher an einen Spionagethriller: Geheime Verabredungszeichen, Fahrten mit wechselnden Taxis, spätnächtliche Treffen in der Tiefgarage - das ist fast zu gut um wahr zu sein. Allerdings machen "Woodstein" auch deutlich, dass journalistische Arbeit nur selten so James-Bond-mäßig ausfällt sondern in erster Linie aus Klinkenputzen und vielen, vielen Telefonaten besteht.

Am Interessantesten ist sicherlich, wie sich die ganze Affäre entwickelt. Woodward und Bernstein selbst schweben ziemlich lange im Dunkeln, sodass es ihnen zunächst nicht möglich ist, das Ausmaß von Watergate abzuschätzen. Viele ihrer Entdeckungen sind so unfassbar, dass es selbst den Redakteuren schwer fällt, sie zu glauben. Umso beeindruckender ist es, wie sehr die Beiden am Ball bleiben und sich auch nicht durch Einschüchterungsversuche von ihrer Arbeit abhalten lassen. Was übrigens auch sehr schön deutlich wird ist, dass es für investigativen Journalismus nicht nur fähige und zielstrebige Reporter braucht, sondern auch Redakteure (wie Post-Chef Ben Bradlee) und Verleger, die bereit sind, das Ganze zu unterstützen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass das gerne vergessen wird. Aufschlussreich sind auch die Reaktionen des Weißen Hauses, das die Berichte der Post-Reporter gerne als Unfug abtut, ohne jedoch die Einzelheiten zu widerlegen. Je dünner die Luft für die Administration wird, desto mehr wird die Arbeit der Zeitung als "Medienkampagne" diffamiert - das hat mich durchaus an heutigen Zeiten erinnert.

All the President's Men ist ein packendes Buch über einen der größten politischen Skandale des letzten Jahrhunderts und ein spannender Einblick in die Arbeit investigativer Journalisten. Was mir besonders gut gefallen hat ist, dass Woodward und Bernstein sich selbst durchaus kritisch betrachten und auch ihre Fehler, wie gelegentliche vorschnelle Veröffentlichungen, nicht verschweigen. Es empfiehlt sich jedoch nicht wie ich Wochen auf die Lektüre zu verschwenden, da unzählige Personen in dem Buch eine Rolle spielen und man schnell den Überblick verlieren kann. Und noch ein Hinweis: Das Buch endet im Januar 1974; die Monate bis zum Rücktritt Nixons im August behandelt der Nachfolger The Final Days (den ich noch nicht gelesen habe).

Fazit: Nicht nur für Journalisten Pflichtlektüre. Auch die superbe Verfilmung mit Robert Redford und Dustin Hoffman sollte man sich unbedingt ansehen.

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