Today I like... "Full Moon and Empty Arms"



Bob Dylan wäre nicht Bob Dylan, wenn er nicht immer für eine Überraschung gut wäre. Wenige Tage vor seinem 73. Geburtstag verwies ein unauffälliger Hinweis auf Facebook auf einen neuen Song, der auf Dylans Website zu hören ist. Als ob das nicht schon erstaunlich genug wäre, handelt es sich bei "Full Moon and Empty Arms" nicht um eine Eigenkomposition, sondern um das Cover eines Frank-Sinatra-Hits von 1946, der seinerseits auf einem Klavierkonzert von Rachmaninow basiert. Die Aufregung war natürlich riesengroß. Dylan macht den Sinatra?! Was um alles in der Welt hat das nun wieder zu bedeuten?

Musikalisch betrachtet ist das Stück gar nicht sooo überraschend, sondern passt ziemlich gut zu dem, was Dylan in den letzten Jahren so aufgenommen hat, besonders Modern Times. Zudem hat er sich ja schon häufiger im Great American Songbook bedient, um es mal vorsichtig auszudrücken. Was Dylans Version von "Full Moon and Empty Arms" in erster Linie ausmacht ist, dass er den wunderbar schwelgerischen Sound der Steel Guitar in den Mittelpunkt rückt, der von den warmen Klänge der E-Gitarren und ruhigen Strumming der Akustikgitarre unterstützt wird. Über His Bobness' Gesang wird natürlich wieder viel geschimpft, aber ich mag seine Stimme der letzten Jahre sehr und finde, dass sie in ihrer Rauheit einen wunderbaren Kontrast zu den lieblichen Klängen der Band darstellt. Zudem kann mir niemand erzählen, dass Dylan nicht weiß, wie man Gefühle mit seiner Stimme transportiert (was für mich immer noch das ist, was Gesang in erster Linie ausmacht). Sein Gesang ist verträumt, aber auch zerbrechlich, wie der Erzähler, der zwischen Hoffnung und Einsamkeit schwankt. Das alles macht "Full Moon and Empty Arms" zu einer verdammt starken Neuinterpretation.

Inzwischen ist auch bekannt, dass der Song von einem neuen Album namens Shadows in the Night stammt, das Ende August veröffentlicht werden soll. Noch eine Überraschung, schließlich ist Dylans letztes Studioalbum Tempest noch nicht einmal zwei Jahre alt. Natürlich wird schon wild darüber spekuliert, wie dieses Album aussehen könnte: Wird es ein Coveralbum? Oder, Gott bewahre, gar ein zweites Self Portrait? Oder ist das Sinatra-Cover nur eine Ausnahme unter einer Sammlung von eigenen Stücken? Wir haben wohl keine andere Wahl, als uns überraschen zu lassen.

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