Movie Night: Top Hat



Es ist mir ja ein bisschen peinlich es zuzugeben, aber ich habe noch nie einen Fred-und-Ginger-Film gesehen. Bis gestern. Da ich Fred Astaire vergöttere wie keinen anderen Tänzer habe ich mich entschlossen, diese unverzeiliche Bildungslücke Stück für Stück zu schließen. Den Auftakt macht Top Hat von 1935, der als einer der besten und bekanntesten Filme des Duo gilt und gemeinhin als Einstieg in ihr zehnteiliges Werk empfohlen wird (ja, auch im Jahre des Herrn 2014 wird über so etwas noch diskutiert, der Untergang des Abendlandes steht also nicht unmittelbar bevor).

Die Handlung ist eigentlich kaum der Rede wert: Tänzer Jerry Travers (Fred Astaire) wird von seinem Freund und Musicalproduzenten Horace Hardwick (Edward Everett Horton) nach London geholt, um in dessen Show aufzutreten. Im Hotel kann Travers nicht umhin, auch zu später Stunde noch wie ein Duracell-Häschen durch die pompöse Suite zu steppen, zum Ärgernis der jungen Frau unter ihm, die einfach nur schlafen will. Dale Tremont (Ginger Rogers) ist mit dem Modedesigner Alberto Beddini (Erik Rhodes) in Europa unterwegs, um dessen Kleider zu präsentieren. Sie stellt Travers zur Rede, der sich prompt in die hübsche Dale verguckt und sie massiv anbaggert, bis sie sich nach einigem Zaudern schließlich auch in ihn verliebt. Doch, alas, aufgrund eines Missverständnisses denkt Dale, dass es sich bei Jerry um Horace handelt, der rein zufällig auch der Ehemann ihrer besten Freundin Madge (Helen Broderick) ist. Als alle kurz darauf in Venedig zusammenkommen, nehmen die Irrungen und Wirrungen ihren Lauf.

Gut, der Verwechslungsplot ist völlig unoriginell und ziemlich an den Haaren herbeigezogen, dennoch musste ich im Verlauf des Films erstaunlich oft laut auflachen. Auch wenn man so etwas schon 1000 Mal gesehen hat ist es trotzdem witzig, wenn Dale Madge von den Avancen ihres vermeintlichen Ehemanns erzählt und Madge sich fragt, wo der plötzlich sein Temperament her hat. Dass die (zugegeben eher harmlosen) Witze so gut funktionieren, ist in erster Linie den Schauspielern zu verdanken. Es macht wahnsinnig viel Spaß mitanzusehen, wie Astaire den schelmischen Frauenhelden gibt, während Rogers als mal toughe, mal biestige und mal verwirrte Dale überzeugt. Ganz abgesehen davon, dass die beiden eine unglaubliche Chemie haben. Hinzu kommen Horton als herrlich trotteliger Freund und Broderick als dessen wunderbar resolute Ehefrau.

Die Dialoge sind natürlich nur die halbe Miete. Wichtigster Bestandteil ist freilich die Musik, die in diesem Fall vom großen Irving Berlin stammt. Im Vergleich zu anderen Musicals hat Top Hat erstaunlich wenig Songs zu bieten, doch Qualität geht hier eindeutig vor Quantität. Die mit Abstand berühmteste Nummer ist natürlich "Cheek to Cheek". Der Song ist mittlerweile weit über den Film hinaus bekannt, was fast ein bisschen schade ist, wenn man bedenkt welche tänzerische Glanzleistung Astaire und Rogers (die ein traumhaftes Kleid aus weißen Straußenfedern trägt) hier abliefern. Die beiden schweben nicht nur geradezu mühelos über die Tanzfläche, sie scheinen sich gar über die Gesetze der Schwerkraft hinwegzusetzen. Aber auch die anderen Nummern sind äußerst sehenswert, etwa wenn die beiden sich zu "Isn't It a Lovely Day to Be Caught in the Rain" necken, oder wenn Astaire bei seinem Markensong "Top Hat, White Tie and Tails" alle anderen auf der Bühne im wahrsten Sinne des Wortes in Grund und Boden steppt.

Dass die Story von Top Hat eher dünn ist macht dem Film also nichts. Einziges Manko ist die Bildqualität, die meines Wissens bei allen DVD-Versionen zu wünschen übrig lässt. Das ist besonders schade angesichts der Tatsache, dass Top Hat nicht nur prächtige Kostüme, sondern wohl einige der opulentesten Sets der Filmgeschichte zu bieten hat mit Hotelsuiten, die eher Palästen ähneln (wobei Venedig jedoch eher wie die Disneyland-Version der Lagunenstadt wirkt). Nicht nur in Zeiten der Depression eignet sich der Film so wunderbar für eskapistische Zwecke.

Fazit: Sehr amüsantes Musicalmärchen mit einigen der besten Tanzszenen der Filmgeschichte.


Und weil's so schön ist:



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