Get Behind Me, Santa! (What is Christmas anyway?)


Keine Weihnachten ohne Sufjan Stevens! Für alle, die Songs for Christmas nicht kennen: Auf 10 EPs hat Herr Stevens so ziemlich jedes halbwegs bekannte Weihnachtslied neu interpretiert, teilweise auch mehrmals, und eigene Weihnachtslieder hinzugefügt. Mein liebster Song von der Zusammenstellung, und vielleicht sogar mein liebstes Weihnachtslied überhaupt ist "Get behind me, Santa!". Der Titel ist natürlich eine Anspielung auf Matthäus 16,23 sowie auf das White-Stripes-Album "Get behind me, Satan." Abgesehen davon ist "Santa" vielleicht der Weihnachtssong schlechthin, da er sich um die Frage dreht, warum wir überhaupt Weihnachten feiern.

Das Lied ist ein Dialog zwischen einem Weihnachtsmuffel und Santa Claus himself, mit Einwürfen des "Honkey Tonk Christmas Choir". Der Muffel hasst das Fest der Liebe, da es nur ums Shoppen geht; außerdem ist Santa Claus bloß ein grinsender Typ, der bei den Leuten einbricht. "And the reindeer stomping all over the place!" Santa Claus selbst ruft zur Gelassenheit auf: "Take it easy, what you gotta be so absurd! You make it sound like Christmas is a four-letter word. It's a fact of life whether you like or not, so put your hands together and give it a shot." Beide Seiten haben irgendwo recht. Weihnachten ist so omnipräsent, dass man dem einfach nicht entkommen kann. Vor wenigen Tagen war ein Artikel in der New York Times zu lesen von einer jüdischen Mutter, deren Kind im Supermarkt gefragt wurde, was es sich denn zu Weihnachten wünscht, was die Mutter wiederum geärgert hat, da so oft davon ausgegangen wird, das alle Weihnachten feiern. Ich sehe ein, dass das nervt.

Zudem ist nicht abzustreiten, dass Weihnachten ziemlich kommerzialisiert ist. Mir geht es auch auf den Keks, durch die Stadt zu hetzen und Geschenke zu kaufen, aber wenn ich sie dann übergebe und sehe, dass ich anderen Leuten tatsächlich eine Freude gemacht habe, dann geht mir das Herz auf und alles andere ist vergessen. Zumal ich es auch nicht falsch finde, anderen seine Wertschätzung in Form von Präsenten zu zeigen, oder wie Santa sagt: "Is it a crime to give a little once in a while?" Das Geschenk an sich ist für mich in erster Linie ein Symbol, das sagt: Du bist mir wichtig, ich habe an dich gedacht.

Noch ein Wort zu Santa Claus: Neulich traf ich auf einem Weihnachtsmarkt einen alten Mann, der für die Kinder den Nikolaus spielte und in seiner Rede gegen Santa Claus hetzte, der seiner Ansicht nach ein Komplott von Coca-Cola ist, um Weihnachten zu kommerzialisieren und zu entchristianisieren. So sorgt Weihnachten nicht nur zwischen "Feierern" und "Nicht-Feierern" für Auseinandersetzungen. Ironischerweise ist das "Christkind", das für den falschen Nikolaus der einzig legitime Geschenkebringer ist, auch nur eine Erfindung von Martin Luther, der die katholische Heiligenverehrung und damit auch St. Nikolaus ablehnte. Zudem gibt es keine einheitliche Vorstellung vom Christkind. Manchmal ist es ein kleiner blonder, eher männlicher Engel, auf Weihnachtsmärkten eher ein Engel in Gestalt einer jungen Frau. Santa Claus ist übrigens schon erheblich älter als Coca-Cola. Fast alle europäischen Länder haben ihre eigene Figur, die mehr oder weniger auf Nikolaus von Myra basiert: der Nikolaus in Deutschland, der Sinterklaas in den Niederlanden, Father Christmas in Großbritannien. Im Schmelztiegel Amerika verbanden sich diese Vorstellungen dann zur Figur "Santa Claus", wahrscheinlich schon 150 Jahre bevor Coca-Cola ihn zu Werbezwecken verwendete.

Ich plädiere dafür, dass jeder selbst entscheidet, welches Märchen er seinen Kindern auftischt. Außerdem finde ich, dass auch Nicht-Christen Weihnachten feiern dürfen, denn es ist kein durch und durch christliches Fest. Es gibt keinen einzigen Beweis dafür, dass Jesus von Nazareth wirklich am 24. oder 25. Dezember geboren wurde. Es existierten zu der Zeit mehrere heidnische Feste zur Wintersonnenwende, wie etwa das Julfest in Nordeuropa, und es ist wahrscheinlich, dass die frühen Christen diesen Termin und auch einige Bräuche übernommen haben und sie mit der Geschichte von Jesu Geburt verbanden, woraus schließlich das Weihnachtsfest wurde. Von daher finde ich es nicht dramatisch, wenn Nicht-Christen eine eigene Version von Weihnachten ohne Kind in der Krippe feiern. 

Was ich eigentlich sagen will: Lasst doch die Leute feiern, was sie wollen, und lasst sie in Ruhe, wenn sie nicht feiern wollen. Streitet euch nicht, try to make people smile. And have a good time.

Kommentare

  1. Hallo Danie, sehr schön, was Du da als Gedanken zu Weihnachten geschrieben hast. Ich glaube, fast alle Religionen, oder noch besser Kulturen haben so ein Fest. Die Chinesen feiern Chinese New Year - in China ein reines Familienfest mit Geschenken und viel gutem Essen, die Hindus in Indien haben ihr Divali Mitte November, genauso ein reines Familienfest mit Geschenken und die Moslems feiern - ich kenne nur den türk. Namen - Sheker Bayram, direkt nach dem Ramadan. Überall reine Familienfeste mit viel Essen, Verwandtschaftsbesuchen, Geschenken usw. Liebe Grüße! Rudi

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