Movie Night: The Barkleys of Broadway



Nach The Story of Vernon and Irene Castle schienen Fred und Ginger endgültig Geschichte zu sein. Niemand hatte damit gerechnet, die beiden jemals wieder gemeinsam auf der Leinwand zu sehen, obwohl sie eine erneute Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen hatten. Doch dann kam das Jahr 1949: Fred Astaire und Judy Garland feierten (wie ich ja schon unzählige Male erwähnt habe) mit Easter Parade einen riesigen Erfolg, sodass Produzent Arthur Freed die beiden erneut zusammenbringen wollte. Allerdings war Garland zu diesem Zeitpunkt zu krank um zu drehen. MGM brauchte dringend Ersatz für ihre Rolle in The Barkleys of Broadway und engagierte: Ginger Rogers. Schon ein interessanter Zufall, wenn man bedenkt, dass Fred Astaire überhaupt nur in Easter Parade mitgespielt hat (und dafür aus dem Ruhestand zurückgekehrt ist!), weil Gene Kelly sich kurzfristig verletzt hatte. Ein Hoch auf seinen gebrochenen Knöchel!

So wie es passend war, dass Fred and Gingers Geister am Ende von Vernon and Irene Castle in den Sonnenuntergang tanzen, so passend sind ihre Rollen in The Barkleys of Broadway. Die beiden spielen das Ehepaar Josh und Dinah Barkley, die regelmäßig am Broadway Erfolge feiern, immer mit Unterstützung ihres Komponisten Ezra Millar (Oscar Levant). Mehr noch: Dinah hat langsam genug von all den musical comedies und träumt davon, eine ernsthafte Schauspielerin zu werden, was seinerzeit ja der Hauptgrund für Ginger Rogers war, keine weiteren Filme mit Fred zu drehen. Josh Barkley hingegen ist wie Fred Astaire durch und durch ein Song-and-Dance-Man. So kommt es zwischen den Barkleys immer wieder zum Streit, da Dinah nicht ständig nach der Pfeife ihres Mannes tanzen will. Die Gelegenheit zum Ausbruch ergibt sich für sie, als sie den Autor und Regisseur Jacques Barredout (Jacques Francois) kennenlernt, der felsenfest von ihrem Talent überzeugt ist. Josh versucht natürlich, Dinah mit allen Mitteln zurückzugewinnen.

The Barkleys of Broadway ist gleich in mehrerer Hinsicht interessant: Zum ersten Mal sind Fred und Ginger bereits zu Beginn des Films verheiratet und zum ersten Mal sind die beiden in Technicolor zu sehen. Eine Geschichte abseits vom Will-they-won't-they, gepaart mit farbenprächtigen Kulissen und natürlich dem größten Tanzpaar der Filmgeschichte - was hätte man alles daraus machen können. Es ist wirklich kaum zu glauben, dass MGM trotz all dieser wunderbaren Voraussetzungen nur einen durchschnittlichen Film zu Stande bringt. Die Geschichte an sich ist schon dünn (wenn auch nicht ganz so abstrus wie in anderen Fred-und-Ginger-Filmen), aber das Schlimme ist, dass das Drehbuch von Betty Comden, Adolph Green und Sidney Sheldon nur mäßig witzig ist. Selbst die langweiligsten RKO-Musicals wie Roberta hatten zumindest stellenweise brüllend komische Dialoge, die Zoffereien zwischen den Barkleys sind aber bestenfalls ganz nett. Da kann selbst Griesgram vom Dienst Oscar Levant nicht viel retten, der immerhin noch die humorvollsten Spitzen abgegeben darf (und überdies als Pianist zwei Solonummern hat).

Die Songs von Harry Warren und Ira Gershwin sind leider auch ziemlich zum Vergessen. Die Tänze sind allerdings ganz gut, wenn auch nicht so brillant wie zu Fred und Gingers Hochzeiten. Rogers' Auszeit vom Musical ist ihr jedenfalls nicht anzusehen; sie ist immer noch ein hervorragende Tänzerin und die beiden strahlen immer noch diese wahnsinnige Freude aus, wenn sie über die Bühne fegen. Astaire hat zudem mit "I've Got Shoes With Wings On" eine starke Solonummer, in der er von tanzende Schuhpaaren umgeben wird. Das alles nimmt einen jedoch nicht so mit wie früher, mit einer Ausnahme: Die Reprise von "They Can't Take That Away From Me". Wenn Fred und Ginger zu ihrem Hit aus Shall We Dance tanzen, dann ist die alte Magie plötzlich wieder da, die einen als Zuschauer völlig elektrisiert.

Andererseits ist es vielleicht ganz gut, dass Barkleys nur so lala ist, denn sonst wäre der endgültige Abschied von Fred und Ginger vermutlich noch schwerer. Anfangs wusste ich nicht, ob ich wirklich den "Hype" würde nachvollziehen können, da ich Easter Parade so mag und Astaire und Garland ja auch wirklich ein tolles Paar abgeben, aber meine Zweifel waren beseitigt als ich Fred und Ginger das erste Mal auf der Leinwand gesehen habe. Ich habe es ja schon häufiger gesagt: Die beiden strahlen einfach eine Chemie aus, die ihresgleichen sucht. So was findet man höchstens noch bei Paaren wie Katharine Hepburn und Spencer Tracy, die im wirklichen Leben liiert waren. Astaire und Rogers ergänzen sich einfach perfekt. Wobei Rogers ja zu Unrecht immer noch ein bisschen als Astaires Anhängsel gilt. Im Laufe der Reihe hat sich immer wieder eine enorme schauspielerische Bandbreite gezeigt und bewiesen, dass sie von Slapstick bis Drama alles kann. Wobei Astaire auch weit mehr als nur ein Tänzer ist. Solange er in seiner "Top Hat, White Tie and Tails"- Welt bleibt, ist er ein klasse Schauspieler. Nur den Mann von der Straße nimmt man ihm einfach nicht ab, aber vom wahren Leben sind die Filme ja eh alle ziemlich weit entfernt. Ihre Abgehobenheit trägt aber auch zu ihrer Zeitlosigkeit bei, sodass sie sich heute noch so gut für eskapistische Zwecke eigenen wie in den Depressions-geplagten Dreißigern (einzig die maue Bild- und Tonqualität trübt etwas den Spaß).

Die große Schwachstelle aller Filme - mit Ausnahme von Castle - sind freilich die Plots, die von im besten Fall erträglich bis hin zu haarsträubend abstrus reichen. Aber man kann den Verantwortlichen ziemlich viel verzeihen, da sie in den meisten Fällen immer noch irgendwo mit Screwball-Elementen aufwarten. Die Geschichten sind eh nicht das, worauf es bei Fred und Ginger oder Musicals im Allgemeinen ankommt. Und gerade als Musical sind die Filme wirklich eine Liga für sich. Schließlich haben die größten Broadway-Komponisten der Zeit wie George Gershwin, Jerome Kern und natürlich immer wieder Irving Berlin einige ihrer besten Songs für Fred und Ginger geschrieben. Man muss sich nur mal angucken, wie viele der Lieder zu Standards geworden und heute noch beliebt sind.

Das Größte sind natürlich die Tänze, vor allem in den drei besten Filmen Top Hat, Swing Time und Shall We Dance. Auch wenn es sich klischeehaft anhört: Wenn Fred und Ginger tanzen, dann geht für mich die Sonne auf. Den beiden zuzusehen transportiert einen an einen anderen Ort, ja, man hat fast das Gefühl, mit ihnen auf der Tanzfläche zu sein so mitreißend sind ihre Bewegungen. Am treffendsten kann man es wohl mit ihrem Song schlechthin sagen: Heaven, I'm in heaven, and my heart beats so that I can hardly speak. And I seem to find the happiness I seek, when they are together dancing cheek to cheek.


They Can't Take That Away From Me:




Das war also die Fred-und-Ginger-Challenge. Auch wenn ich wahnsinnig traurig bin, dass es jetzt vorbei ist, werden ihre Filme ja bleiben. Mit der gewählen Reihenfolge bin ich auch ganz zufrieden, auch wenn ich rückblickend erst Top Hat schauen und dann chronologisch vorgehen würde, damit man zwischendurch noch ein paar Spitzenfilme hat. Ich hoffe, dass ihr auch ein bisschen Lust bekommen habt, euch den einen oder anderen Film davon anzusehen. Ihr werdet es bestimmt nicht bereuen.

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