TV Night: Band of Brothers



Wie ihr euch vielleicht erinnert, habe ich mir vor ein paar Monaten The Pacific angeschaut, das eigentlich die Fortsetzung, oder besser gesagt Ergänzung, zur HBO-Miniserie Band of Brothers ist. Nachdem sich neulich die Landung in der Normandie zum 70. Mal jährte, dachte ich mir, dass dies der richtige Zeitpunkt ist, sich die zehnteilige Reihe über den Krieg in Europa anzusehen. Band of Brothers wurde ebenfalls von Steven Spielberg und Tom Hanks produziert, unterscheidet sich in der Erzählweise jedoch erheblich von The Pacific: Während letztere sich über einen Zeitraum von fast vier Jahren erstreckt und sich auf die Erlebnisse dreier Soldaten konzentriert, verfolgt Band of Brothers den Weg der Easy Company von ihrer Fallschirmjägerausbildung in Georgia bis zum Ende des Kriegs. Was die Serie jedoch mit The Pacific gemeinsam hat ist, dass sich die Szenen tatsächlich so zugetragen und es die Charaktere wirklich gegeben hat (was Schnitzer jedoch nicht ausschließt).

So ist in der ersten Folge von Nazis weit und breit nichts zu sehen. Feind der Soldaten ist eher der Currahee, ein Berg in Georgia, den sie während ihres Trainings immer wieder rauf und runter laufen müssen, sowie Ausbilder Sobel (David Schwimmer), ein Schleifer wie er im Buche steht, der sich jedoch im Kampf als ziemlich inkompetent entpuppt. Nachdem die Männer zunächst nach England verlegt werden, springen sie am D-Day über der Normandie ab. Dies ist jedoch erst der Anfang in einer ganzen Reihe von blutigen Auseinandersetzungen: Die Männer kämpfen unter anderem in Carentan, Eindhoven, Bastogne und Foy und absolvieren eine Spezialmission in Haguenau, bevor sie schließlich in Deutschland einmarschieren. Vorbei ist ihr Einsatz damit aber noch nicht.

In den ersten Episoden - von der Pilotfolge abgesehen - ist Band of Brothers wirklich sehr blutig. Gerade bei "Carentan" habe ich rückblickend den Eindruck, dass es fast nur aus Gemetzel besteht. Freunde von Schlachtszenen werden hier sicher voll auf ihre Kosten kommen. Auch wenn das alles ziemlich realistisch wirkt und die vom Himmel regnenden Fallschirme von bizarrer Schönheit sind, sind es für mich (mal wieder) die ruhigen Momente, die für mich den Reiz der Serie ausmachen. Von daher hat Band of Brothers mich erst ab der sechsten Folge "Bastogne" so richtig gepackt. Zwar hatte sich die Serie für die Erzählung schon vorher einzelne Figuren herausgepickt - wie den traumatisierten Albert Blithe (Mark Warren) oder den zeitweise von seiner Einheit abgeschnitteten Denver "Bull" Randleman (Michael Cudlitz) - aber mit "Bastogne" wird das alles auf ein ganz neues Level gehoben. Die Folge ist aus der Sicht von Eugene "Doc" Roe (Shane Taylor), dem Kompanie-Sanitäter erzählt. Die "Sanis" sind in Kriegsdarstellungen ja immer völlig unterrepräsentiert, obwohl sie für mich mindestens genauso "heldenhaft" sind wie die Männer an der Waffe. Hier erleben wir, wie die Soldaten mitten im verschneiten Wald hungernd und frierend in ihren Löchern sitzen, während der völlig unterversorgte Roe versucht, an Medikamente und Verbandsmaterial zu kommen.

Glücklicherweise bleibt Band of Brothers auf diesem Erzählzug. "The Breaking Point" stellt Carwood Lipton in den Mittelpunkt, der die Moral der Truppe aufrecht erhalten muss, während ihr kommandierender Lieutenant regelmäßig das Weite sucht. "The Last Patrol" hingegen ist aus der Sicht von David Webster erzählt, der sich nach längerer Verletzungspause erst wieder neu in die arg dezimierte Kompanie einfügen muss. Der Fokus auf verschiedene Figuren erlaubt es den Machern, verschiedene Aspekte des Krieges zu beleuchten und ist angesichts des sehr großen Casts wohl auch die einzige Möglichkeit, den vielen interessanten Personen halbwegs gerecht zu werden. Der Kitt, der das alles zusammenhält, ist Richard Winters (Damian Lewis), der sozusagen die Hauptfigur darstellt. Winters erweist sich als extrem fähiger Kommandant und klettert schnell die Karriereleiter auf; er ist auch der Befehlshaber, dem die Soldaten so sehr vertrauen wie niemandem sonst. Gegenstück zu dem durch und durch vernünftigen Winters ist Lewis Nixon (Ron Livingstone), der nicht nur die gegen die Nazis, sondern auch seinen Alkoholismus kämpft.

Besonders berührend ist "Why We Fight", in dem die Soldaten ein Konzentrationslager in den Nähe von Landsberg befreien und zum ersten Mal mit dem Holocaust in Berührung kommen. Die finale Episode "Points" gefällt mir vor allem wegen ihrer kritischen Zwischentöne, denn obwohl der Krieg vorbei ist und die Soldaten weiß Gott genug Leid erlebt haben, dürfen sie nicht nach Hause, sofern sie nicht ein Mindestzahl von Punkten erreicht haben - was, trotz der vielen Schlachten, auf die meisten nicht zutrifft. So kommt es, dass einige ihr Leben völlig unsinnig bei Unfällen oder durch volltrunkene Amokläufer verlieren. Die Easy Company soll gar noch in den Pazifik geschickt werden, wozu es glücklicherweise nicht mehr kommt. Dankbarkeit seitens der Militärführung? Fehlanzeige. Was mir besonders gut gefallen hat, ist dass die Autoren noch den weiteren Lebensweg erwähnen. Genialster Kniff sind jedoch die Interviews mit den echten Veteranen, die fast jede Episode einläuten. Wer wer ist erfährt man dabei erst ganz zum Schluss - ergreifender Höhepunkt einer Serie voller ergreifender Momente.

Ich gebe zu, dass ich zunächst skeptisch war, ob Band of Brothers mir ebenso gefallen würde wie The Pacific, aber das tut es. Beide Serien sind auf ihre ganz eigene Weise großartig, allerdings hat BoB ebenfalls das Problem, das aufgrund der begrenzte Sendezeit für Charakterentwicklung nur begrenzt Platz bleibt. Doch durch die wechselnden Perspektiven lernt man immerhin einige der Männer ziemlich gut kennen. Das ist auch den hervorragenden Schauspielern zu verdanken, die die Wandlung von kampftollen Grünschnäbeln zu kriegsmüden Veteranen ganz fantastisch meistern. So ist Band of Brothers ein mitreißender Einblick in die harsche Realität des Zweiten Weltkriegs und die packende Geschichte einer großen Freundschaft.

Kommentare