Movie Night: Swing Time



Was gibt es besseres um eine ätzende Arbeitswoche zu vergessen als ein gutes altes Hollywood-Musical? Nichts. Kommen wir deshalb zu Fred and Ginger, die Dritte. Heute: Swing Time. Swing Time entstand 1936 unter der Regie von George Stevens (tatsächlich nimmt die Zahl 36 im Film eine relativ prominente Rolle ein) und gilt neben Top Hat als der beste Film des Duos, vor allem wegen der Tänze. Und die gibt es freilich nicht ohne Musik, für die mit Jerome Kern und Dorothy Fields erneut zwei Giganten des Broadway-Musicals verantwortlich sind.

Je mehr Filme man mit Fred und Ginger sieht, desto mehr gewöhnt man sich an die nicht sonderlich realistischen Handlungen: Astaire spielt hier John "Lucky" Garnett, einen Vaudeville-Tänzer mit Hang zum Glücksspiel, der sich aus seiner Showtruppe zurückziehen will, um die hübsche Margaret (Betty Furness) zu heiraten. Seine Tanzkollegen und sein väterlicher Freund, der Kartentrickser Pop (Victor Moore), wollen das jedoch nicht zulassen. Sie machen Lucky weis, dass seine Hochzeitshose out ist und er sie unbedingt zum Schneider bringen muss, sodass er schließlich seine eigene Trauung verpasst. Sein Schwiegervater in spe ist erbost: Lucky darf erst zurückkommen und Margaret heiraten, wenn er in New York 25.000 Dollar verdient hat. Völlig abgebrannt fahren Lucky und Pop daraufhin nach New York, wo sie zufällig Bekanntschaft mit Tanzlehrerin Penelope "Penny" Carroll (Rogers) machen. Und wie das so ist, kann Penny Lucky zunächst überhaupt nicht leiden, sodass er Tanzstunden bei ihr nimmt um ihre Sympathie zu gewinnen, während Pop mit Pennys Freundin, der mittelalten Mabel (Helen Broderick) anbandelt. Was folgt, ist keine stringente Handlung, sondern eher die Abfolge zusammenhängender Episoden mit dem gleichen Schema: Lucky verärgert Penny, Penny schmollt, aber so richtig böse sein kann sie ihm nicht sein.

Trotz des 08/15-Plots hat Swing Time aber durchaus seine lichten Momente, was in erster Linie den beiden Sidekicks zu verdanken ist. Diesmal spielt Victor Moore Astaires trotteligen, aber liebenswerten Gegenpart, während Helen Broderick hier erneut als Rogers' schlagfertiges Anhängsel auftritt. Dass Broderick hier wesentlich häufiger auf der Leinwand zu sehen ist als in Top Hat ist das große Plus des Films, denn mit ihrer trockenen Art vergoldet sie jede Szene. Astaire hingegen darf sich hier in Slapstick üben: Auch wenn es vorhersehbar ist, ist es sehr unterhaltsam wie tolpatschig er sich zunächst bei seiner Tanzstunde anstellt nur um kurz darauf mit Rogers eine extrem flotte Sohle aufs Parkett zu legen - zur Verblüffung von Pennys Chef (Fred-and-Ginger-Urgestein Eric Blore). Leider fällt die Handlung im Verlauf qualitativ ziemlich ab; insbesondere das Ende ist unerträglich albern.

Aber das Wichtigste ist eh die Musik. Es ist schon erstaunlich, wie viele Standards ursprünglich für Fred-und-Ginger-Filme geschrieben wurden, hier unter anderem "Pick Yourself Up" und das Oscar-prämierte "The Way You Look Tonight".  Es macht irre viel Spaß Ginger Rogers zuzusehen, wie sie als schmollende Penny das ironische "A Fine Romance" singt, aber die Tänze zu Kerns fulminanter Musik sind der oberste Augen- und Ohrenschmaus. Die Symbiose von Tap und Ballroom Dance ist einzigartig, und egal ob sie Polka oder Walzer oder was auch immer tanzen, das Zusammenspiel von Astaire und Rogers ist so perfekt und so leichtfüßig, dass man manchmal kaum glauben kann, dass sie tatsächlich die Tanzfläche berühren und nicht über ihr schweben. Mit "Bojangles of Harlem" hat Astaire zudem eine erstklassige Solonummer, auch wenn sein Blackface freilich befremdlich ist. Die Inszenierung ist jedoch gigantisch: Er tanzt nicht nur mit etwa 30 Chorusgirls, sondern auch gegen drei seiner Schatten. Das Sahnehäubchen auf den Paartänzen sind Rogers' Kostüme, die mal wieder absolut umwerfend sind.

Fazit: Auch wenn der Spaß durch das nervtötende Ende etwas getrübt wird, handelt es sich bei Swing Time um einen unterhaltsamen Film mit klasse Darstellern, hinreißender Musik, cleveren Lyrics und atemberaubenden Tanznummern.


Und wem hier nicht die Kinnlade runterfällt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen:


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