Movie Night: The Band Wagon


Sein Ruf eilt The Band Wagon voraus, gilt es doch als das beste MGM-Musical neben Singin' in the Rain (und das will wahrlich was heißen!). Und warum auch nicht? Schließlich waren bei The Band Wagon jede Menge Vollprofis am Werk. So führte Vincente Minnelli (Meet Me in St. Louis, An American in Paris) Regie, während das Drehbuch von Adolph Green und Betty Comden (Singin' in the Rain, On the Town, The Barkleys of Broadway) stammt. Die Hauptrollen spielen Fred Astaire und, zum ersten Mal, Cyd Charisse, die vielen als der mysteriöse Vamp aus Singin' in the Rains "Broadway Ballet" bekannt sein dürfte.

Astaire spielt hier Tony Hunter, einen einst erfolgreicher Musicaldarsteller. Da er in Hollywood nicht mehr gefragt ist, kommt er auf Einladung des Autorenpaars Lester (Oscar Levant) und Lily Marton (Nanette Fabray) nach New York. Die beiden konnten für ihr neuestes Broadway-Musical den erfolgreichen Regisseur und Schauspieler Jeffrey Cordova (Jack Buchanan) gewinnen, der sehr enthusiastisch an das Projekt herangeht. Leider versteht er nicht ganz, dass es sich um eine "light, musical comedy" handelt und macht aus dem Stück eine moderne Variante von Faust. Für die weibliche Hauptrolle engagiert er die Ballerina Gaby Gerard (Charisse), wovon Tony zunächst gar nicht begeistert ist, hat er doch ein wenig Angst, dass sie ihn an die Wand tanzt. Die Produktion artet zu einem gigantischen Projekt, das - wie zu erwarten - floppt. Daraufhin nimmt Tony die Dinge selbst in die Hand.

Green und Comden hatte für The Band Wagon die Vorgabe, ein Musical rund um die Songs von Arthur Schwartz und Howard Dietz zu schreiben. Dabei agieren sie nach der Methode ihrer Figuren Lester und Lily, die sie nach ihrem Vorbild gestaltet haben (nur das Green und Comden nicht romantisch involviert waren): "Just enough plot to make him do lots of gay and varied numbers!" Um so viele Songs einbauen zu können, wählten die beiden ein Showbiz-Setting - und arbeiteten tatsächlich viele Probleme, die The Band Wagon plagten, mit ins Drehbuch ein. So war Astaire zunächst überhaupt nicht glücklich damit, dass Charisse die weibliche Hauptrolle übernahm. Er fand sie zu groß und war von ihrer Ballettausbildung eingeschüchtert. Zudem geriet er ständig mit Choreograph Michael Kidd aneinander, weil er befürchtete, dessen Ideen nicht umsetzen zu können. Fred Astaire!

Tatsächlich verlief die Produktion ziemlich unruhig: Minnelli trennte sich gerade von seiner Frau Judy Garland, Astaires Frau war an Krebs erkrankt, Buchanan hatte ständig Zahn-OPs, MGM wurde das Projekt zu teuer und Oscar Levant machte Nanette Fabray das Leben zu Hölle, bis sie ihn vor versammelter Mannschaft zusammenschiss. Umso erstaunlicher ist das Endergebnis: The Band Wagon ist ein Musical par excellence. Schon bei Singin' in the Rain hat sich gezeigt, dass das Showbusiness am besten ist, wenn es sich selbst auf die Schippe nimmt. The Band Wagon ist, auch wenn die Geschichte nicht übermäßig viel Fleisch hat, ein herrlich bissiges Stück über den Mikrokosmos Broadway. Der Film ist intelligent, er ist unglaublich witzig und - was mir natürlich besonders gefällt - voller Anspielungen. So heißt einer von Tonys Filmen Swinging Down to Panama (wegen Flying Down to Rio), in einem Song ist von The Gay Divorcee die Rede und Cordova fragt Tony, ob er ewig in "Top Hat, White Tie and Tails" herumlaufen will.

Am besten sind natürlich die Musiknummern. Ein Klassiker ist das instrumentale, von Conrad Salinger wunderschön schwelgerisch arrangierte "Dancing in the Dark", zu dem Astaire und Charisse im Central Park tanzen. Astaire hat mal gesagt, wenn man Cyd Charisse tanzt, dann wurde mit einem getanzt. Es ist erstaunlich, wie sehr sie ihn hier prägt: Der vom Ballett inspirierte Tanz ist elegant und sehr geschmeidig - ganz anders als zum Beispiel die explosiven Latino-Tänze mit Rita Hayworth (die natürlich auch toll sind). Am Ende steht, wie auch bei Gene Kellys MGM-Musicals, ein großes Ballett. Astaire spielt in "The Girl Hunt: A Murder Mystery in Jazz" einen Privatdetektiv, der aus dem Off erzählt, während Charisse zwei Rollen übernimmt, eine davon wieder der mysteriöse Vamp. Kidds Choreographie ist voller Einfallsreichtum, am besten sind die Zombie-artigen Tänze in der Dem Bones Bar (die später Michael Jackson inspiriert haben). Hier sieht man Astaire von einer ganz anderen Seite, vor allem, wenn er mit ebenfalls sehr geschmeidigen Bewegungen seine Angreifer "verprügelt". "Girl Hunt" ist das Finale einer Reihe von Songs am Ende des Films, zu denen auch Nanette Fabrays hinreißendes Solo "Louisiana Hayride" gehört, sowie das etwas befremdliche "Triplets", in dem Astaire, Fabray und Buchanan in Babykleidung auf ihren Knien tanzen. Der Song, der aber am meisten in Erinnerung bleibt, ist "That's Entertainment", der später passenderweise einer ganzen Filmreihe über MGMs goldene Jahre den Namen gegeben hat.

Bei The Band Wagon stimmt einfach alles: Minnelli ist es gelungen, aus dem Chaos beim Dreh ein umwerfendes Musical zu machen, mit einem tollen Drehbuch, wunderbaren Songs, atemberaubenden Kulissen und fantastischen Schauspielern, denen man ihre persönlichen Animositäten wirklich nicht anmerkt. Buchanan ist durch und durch charmant (auch wenn man die Wandlung vom Regisseur zum Befehlsempfänger nicht so ganz glauben mag), Fabray ist absolut umwerfend und Levant der vielleicht beste Sidekick nach Edward Everett Horton. Auch Charisse ist, trotz vergleichsweise geringer Schauspielerfahrung, bezaubernd. Fred Astaire hat natürlich alles hingekriegt. The Band Wagon nimmt ihn ein bisschen aus seiner Comfortzone heraus und erlaubt ihm zu zeigen, wie vielseitig er doch war. Der ganze Film macht einfach unglaublich viel Spaß.

Fazit: That's Entertainment!



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