Books I've Read: Riad Sattouf - The Arab of the Future (and other stuff)

 

Eigentlich hatte ich mir, nachdem ich Ende 2014 Seths It's a Good Life, If You Don't Weaken gelesen habe, vorgenommen, mehr Graphic Novels zu lesen. In den letzten zwölf Monaten ist daraus nichts geworden, aber als am Ende des Jahres die obligatorischen Bestenlisten veröffentlicht wurden, habe ich mal geschaut, was es 2015 alles so Neues gab. Die Graphic Novel, die mich dabei sofort angesprochen hat, war The Arab of the Future von Riad Sattouf. In dem ersten Teil der geplanten Trilogie erzählt Sattouf von seiner frühen Kindheit (1978 bis 1984 um genau zu sein) die er in Libyen, Syrien und Frankreich verbrachte.

Sattoufs Vater Abdel-Razak ist Syrer, seine Mutter Clémentine Französin. Die beiden lernen sich an der Sorbonne kennen, wo Abdel promoviert. Zunächst ist Clémentine so gar nicht von dem etwas aufdringlichen, jungen Mann angetan, trifft sich dann aber aus Mitleid mit ihm. Einige Jahre später wird Riad geboren, und sein Vater entscheidet sich, einen Job als Hilfsprofessor in Libyen anzunehmen. Wirklich rosig sind die Zustände im selbst ernannten "People's State" allerdings nicht: Machthaber Gaddafi hat etwa das Eigentum abgeschafft, sodass jeder in leerstehende Häuser einziehen darf. Für viele Leute ist ein Haus allerdings schon leerstehend, wenn sich gerade niemand dort aufhält. So muss ständig jemand zu Hause sein, da es auch verboten ist, Schlösser anzubringen. Als Familie Sattouf einmal zusammen ausgeht, stellt sie bei ihrer Rückkehr fest, dass jemand ihre Sachen gepackt und in ihr Haus eingezogen ist, denn es war ja "leer". Essen gibt es nur per Lebensmittelmarken; man muss lange dafür anstehen und es gibt nur wenige Produkte, eine Zeit lang sogar ausschließlich Bananen.

Nach einem Abstecher nach Frankreich und der Geburt des zweiten Sohnes lassen sich die Sattoufs schließlich in Syrien nieder, in Abdel-Razaks Heimatdorf in der Nähe von Homs. Das Syrien unter Hafez al Assad ist in ebenso schlechtem Zustand wie Gaddafis Libyen: die Häuser sind verfallen und teilweise gibt es keine Toiletten, sodass die Leute ihr Geschäft einfach in den zugemüllten Straßen verrichten. Für Riad beginnt hier eine besonders schwere Zeit. Er hat das blonde Haar seiner Mutter, wofür er bisher überall bewundert wurde, doch seine syrischen Cousins halten ihn deshalb für einen Juden und verprügeln ihn umgehend. Seinen Vater interessiert das jedoch wenig. Er will unbedingt, dass Riad zur Schule geht, denn er ist überzeugt, dass sich "der Araber von morgen" mittels Bildung von den alten Diktatoren lösen wird und schließlich ein panarabischer Staat entsteht.

The Arab of the Future ist schockierend, vor allem was das Ausmaß an Gewalt betrifft.  Selbst Kinder im Vorschulalter schlagen sich und spielen Krieg, wobei der Feind natürlich stets Israel ist. Besonders beklemmend ist eine Szene, in der ein junger Mob einen Hund quält und schließlich mit der Harke aufspießt, weil Hunde im Islam als unrein gelten. Allerdings sind die Kinder auch nur das Produkt ihrer Eltern: Sattoufs Vater etwa hasst Frauen, Juden und Schiiten und versuch natürlich auch, dies seinem Sohn einzuimpfen. Und obwohl er sich selbst als säkular bezeichnet, kann er sich doch nicht ganz vom Koran lösen. Zwar ist die Geschichte durch die Augen eines Kindes erzählt, aber die dunklen Seiten der Diktaturen sind immer präsent, vor allem zeigt sich, wieviel Angst die Menschen vor den Regimen Gaddafis und Assads haben. Stylistisch ist das Buch hingegen angenehm ruhig. Die Farben variieren je nachdem, in welchem Land sich Familie Sattouf gerade befindet: In Frankreich sind die Zeichnungen in blau getaucht, in Libyen in gelb, in Syrien in rot. So bekommt jedes Land seinen eigenen Charakter.

The Arab of the Future ist ein interessanter Einblick in zwei fremde Kulturen, der gerade heutzutage von besonderer Relevanz ist. Sattoufs Kindheitserinnerungen sind dabei alles andere als nostalgisch: Es schildert schonungslos, aber auch mit viel Humor, die schwierigen Verhältnisse, in denen er aufgewachsen ist. Ich kann es kaum erwarten, den nächsten Teil zu lesen.

(Wie ich nach der Lektüre erfahren habe, ist das Buch als Der Araber von Morgen auch auf Deutsch erschienen.)


Tyler Lyle - Desert Companion: A Wandering Post-Script to The Native Genius of Desert Plants


The Native Genius of Desert Plants war eins von meinen liebsten Alben im letzten Jahr. Natürlich musste ich auch Tyler Lyles Crowdfunding-Kampagne unterstützen, die Rewards ließen aber auf sich warten, da der Bedarf an Vinyl anscheinend so groß ist, dass die Hersteller mit der Produktion kaum hinterher kommen. Kurz vor Weihnachten war es jedoch soweit: Ich bekam nicht nur endlich die LP, sondern auch den Begleitband in Buchform. Bei Desert Companion handelt es sich um eine Essaysammlung, die beweist, dass Tyler nicht nur ein famoser Songschreiber ist. Nachdenklich und mit viel Humor schreibt er über das schwierige Leben als Künstler, über die Liebe zu seiner Frau und das Leben an sich. Eine tolle Ergänzung zu einer wunderschönen Platte.


Seth - Palookaville #22


Da mir It's a Good Life... so gut gefallen hat, habe ich begonnen, Seths Comicbuchreihe Palookaville zu lesen, in der allerdings nur etwa alle zwei Jahre ein neuer Band erscheint. Nummer 22 besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: Der langlebigen "Clyde Fans"-Saga und dem autobiographischen Comic "Nothing Lasts." Dazwischen befindet sich die fiktionale Geschichte des Crown Barber Shops, die Seth für den Friseursalon seiner Frau angefertigt hat. Auch wenn ich von "Clyde Fans" bisher nicht viel mitbekommen habe (dies ist meine dritte Ausgabe von Palookaville), komme ich langsam in die Geschichte hinein. Sie ist wie auch "Nothing Lasts" (und wie so oft bei Seth) von der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit geprägt. Clyde-Fans-Protagonist Abe macht unter anderem eine alte Flamme ausfindig - mit erwartungsgemäß enttäuschendem Ausgang. Seth versucht derweil, sich an die Häuser seiner Kindheit zu erinnern und die unglückliche Ehe seiner Eltern zu ergründen. Beide Teile sind wie immer toll gezeichnet, berührend erzählt - und leider viel zu kurz.


Gavin Aung Than - Zen Pencils 2: Dream the Impossible Dream


Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich von dem ersten Band Zen Pencils geschwärmt, nun ist der Nachfolger erschienen. Auch dieser erhält eine Auswahl an Webcomics, in denen Autor Gavin Aung Than Zitate berühmter Persönlichkeiten oder seine eigenen Worte illustriert. Die Comics haben (fast) alle eins gemeinsam: Es geht darum, seine eigene Kreativität zu entdecken und seinen Weg zu gehen - aller Widerständen zum Trotz. Zu den illustrierten Texten gehören Klassiker wie "All the World's a Stage" von Shakespeare und "Ozymandias" von Shelley, aber auch vergleichsweise junge Zitate, etwa von der großartigen Amy Poehler. Aung Thans Zeichnungen sind dabei von beeindruckender Originalität; manchmal lehnt er sich an das Leben der Autoren an, aber manchmal erfindet er auch fantastische Geschichten, die nichtsdestotrotz die Botschaft perferkt widergeben - und trotz des abgedroschenen Untertitels keine plumben Anleitungen zu Selbstverwirklichung sind. Meine Favoriten sind die phänomenale Umsetzung von Maya Angelous "Phenomenal Woman" und ganz besonders Kevin Smiths "It Costs Nothing to Encourage an Artist" - ein Zitat, das jeder lesen sollte, weil es so wahr und so bitternötig ist.


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