Movie Night: State of the Union


State of the Union (einer von drei Streifen, die ich dankenswerterweise zu Weihnachten bekommen habe) ist ein Film, der wie für mich gemacht ist: Die Regie führte Frank Capra, die Hauptrollen spielen Spencer Tracy und Katharine Hepburn und die Geschichte dreht sich um das politische System Amerikas. Der Film beginnt mit Medienmogul Kay Thorndyke (Angela "Mord ist ihr Hobby" Lansbury), die das Zeitungsimperium ihres Vaters übernommen hat. Kay will ihren Liebhaber Grant Matthews (Tracy) zum republikanischen Präsidentschafts-kandidaten machen, um über diesen Umweg selbst ins Weiße Haus zu gelangen. Dabei helfen sollen ihr der republikanische Wahlkampf-Stratege Jim Conover (Adolphe Menjou) und Zeitungskolumnist Spike MacManus (Van Johnson). Das Problem ist allerdings, dass Matthews, ein self-made Flugzeugtycoon, nach wie vor verheiratet ist. Da eine außereheliche Affäre potentielle Wähler verprellen würde, soll Matthews' Frau Mary (Hepburn) ihn auf seiner Wahlkampftour begleiten. Die ist nach wie vor in ihren Mann verliebt und von seinen Idealen überzeugt. Mit ihrer Unterstützung gelingt es Matthews zunächst, bei den einfachen Leute - allerdings nicht bei den Lobbyisten - zu punkten. Seine Hybris ist jedoch seine Eitelkeit, was auch Kay Thorndyke weiß. Durch ihren Einfluss wird Matthews bald zum Spielball eines korrupten Systems.

Um es gleich vor weg zu sagen: Wer Capra nicht mag, wird auch State of the Union nicht mögen. Der Film verfügt über alle Zutaten, die für den Regisseur typisch sind: Ein ehrlicher Mann, der es aus eigener Kraft nach oben geschafft hat und nun gegen ein schier übermächtiges System antreten muss, gegen das er - ich denke, da verrate ich nicht zu viel - gewinnt. Altmodische Menschen wie mich wird es jedoch nicht stören, dass Werte wie Ehrlichkeit und Bescheidenheit hoch gehalten werden. Sicher, an Pathos mangelt es hier nicht; die Musik etwa erinnert nicht nur einmal an die amerikanische Nationalhymne. Es ist aber immer wieder faszinierend, wie Capra es schafft, gleichzeitig so patriotisch und so systemkritisch zu sein. Obwohl Washington nicht nur in diesem Film korrupt bis in die Haarspitzen ist, ist Capras Glauben an den amerikanischen Traum und die amerikanische Demokratie unerschütterlich.

Allerdings drückt State of the Union nicht ganz so arg auf die Tränendrüse wie andere Werke des Regisseurs. Über weite Strecken ist der Film sogar eine allerfeinste Screwball-Komödie. Die Wisecracks fegen in einem Tempo über einen hinweg, dass man als Zuschauer schon ganz schön auf Zack sein muss, wenn man am Ball bleiben will. Das Drehbuch von Myles Conolly und Anthony Veiller (das auf dem gleichnamigen Stück von Russell Crouse und Howard Lindsay basiert) sprüht nur so über von spritzigen Auseinandersetzungen und punkten mit interessanten Nebenfiguren wie der trinkfesten Südstaaten-Richtersgattin, dem feministischen Barbier und Margaret Hamilton (die böse Hexe aus The Wizard of Oz) als verliebter Haushälterin. Die Schauspieler sind allesamt in Topform, allen voran Tracy und Hepburn, die sich wieder wie kein anderes Leinwandpaar lieben und (verbal) schlagen - dabei war Hepburn erst kurz vor Drehbeginn für Claudette Colbert eingesprungen.

Auch wenn fraglich ist, ob Capra und Matthews heute Republikaner wären, ist State of the Union nach 67 Jahre nach seinem Erscheinen ein relevanter Film, der Politiker anprangert, die für die Macht ihre Ideale opfern und Lobbyisten Tür und Tor öffnen - und Menschen, die ihr Wahlrecht nicht in Anspruch nehmen. Dieser Film sollte Pflichtprogramm für jeden sein, der sich politisch engagieren möchte.

Fazit: "How great can a picture be?", fragt der Trailer. Im Fall von State of the Union: Pretty great.

Kommentare