Movie Night: On the Town



Es ist eine der großen Tragödien des Lebens, dass so wenig Zeit ist, um Musicals zu schauen. MGMs On the Town etwa will ich mir schon seit Ewigkeiten anschauen, schließlich handelt es sich hier um eines der bekanntesten Musicals von Gene Kelly. Aber wenn ich vor die Wahl gestellt werden, tendiere ich doch dazu, Fred Astaire den Vorzug zu geben. Wie auch immer. Kelly spielt hier den Seemann Gabey, der mit seinen Schiffskollegen Chip (Frank Sinatra) und Ozzie (Jules Munshin, der Kellner aus Easter Parade) 24 Stunden Aufenthalt in New York hat. Chip möchte am liebsten sämtliche Sehenswürdigkeiten ansehen; er hat sogar einen Plan erstellt, der 15 Minuten für jede Attraktion vorsieht. Gabey und Ozzie hingegen interessieren sich von Anfang an eher für die Mädchen. Gabey hat es besonders Ivy Smith (Vera-Ellen) angetan, eine junge Tänzerin, die in diesem Monat zur "Miss Turnstiles" gewählt wurde - eine Art Repräsentantin für die U-Bahn und ein Posten, der weit weniger glamourös ist, als Gabey glaubt.

An der U-Bahn treffen die drei Seemänner prompt auf "Miss Turnstiles", verlieren sie aber gleich wieder. Auf der Suche nach ihr treffen sie zuerst auf Taxifahrerin Hildy (Betty Garrett), die Chip sofort am liebsten ins Bett schleifen würde. Im Museum of Anthropological History machen sie dann Bekanntschaft mit Claire (Ann Miller), die dort Steinzeitvölker studiert, um sich von ihrer, na ja, Männergeilheit abzulenken. Klappt natürlich nicht, zumal Ozzie einem "Prehistoric Man" zum Verwechseln ähnlich sieht. Während die fünf so durch das Museum tanzen, zerstören sie ein Dinosaurierskelett, sodass sie auch noch die Polizei auf den Fersen haben. Nachdem sich die beiden Paare abgeseilt habe, findet Gabey schließlich "Miss Turnstiles". Ivy ist ganz angetan von dem Seemann, traut sich aber nicht ihm zu sagen, dass sie kein Promi ist und sogar aus demselben Kaff in Indiana kommt wie er.

Okay, einen großen Plot hat On the Town nicht. Der Vorteil ist immerhin, dass es nur ein kleines Missverständnis gibt und die Irrungen und Wirrungen nicht endlos ausgeschlachtet werden. Andererseits ist die Geschichte stellenweise schon arg albern, vor allem der Handlungsstrang mit dem Dinosaurierskelett und der Polizei ist absolut überflüssig. Auch dass Hildys unterdurchschnittlich attraktive Mitbewohnerin am Anfang zumindest als laughing stock herhalten muss, fand ich nicht so berauschend. Dennoch wächst einem das Sextett irgendwie ans Herz und man schaut ihnen gerne bei ihren Eskapaden zu. Das Bemerkenswerteste ist jedoch, dass das Ende überraschend unsentimental ist. Ein Musical, dass nicht mit mindestens einer Verlobung schließt? Wer hätte gedacht, dass es so etwas in good, old Hollywood gibt.

Was On the Town wirklich ausmacht, ist aber die Musik. Und das obwohl Produzent Roger Edens einen Großteil der Musik von Leonard Bernstein praktisch in die Tonne gekloppt hat, um sie durch eigene Songs zu ersezten. Bernstein hatte die Musik für das Original-Broadway-Musical geschrieben, die Edens aber zu komplex war. Nun ist Edens beileibe kein schlechter Songwriter, aber Bernstein ist nun einmal eine Klasse für ich. Immerhin bleiben einige Nummer aus der Bühnenversion über, etwa das tolle "New York, New York" (nicht zu verwechseln mit Sinatras größtem Hit). Auch Bernsteins "Come Up to My Place", ein Gesangsdialog zwischen Sinatra und Garrett, gehört zu den absoluten Highlights. Edens Songs sind allerdings auch nicht übel, vor allem in Kombination mit den Texten von Betty Comden und Adolph Green. Am besten ist "You're Awful", ein weiterer amüsanter musikalischer Schlagabtausch zwischen Sinatra und Garrett. Auch der Titelsong ist schmissig, punktet jedoch in erster Linie mit dem tollen Harmoniegesang der Männer.

Bernsteins Musik kommt vor allem bei "A Day in New York" zum Tragen - eine längere Ballet-Sequenz, wie sie für Kelly/Donen-Musicals üblich ist. Hier wird Gabeys Sehnsuch nach "Miss Turnstiles" in modernen Tanz gepackt, mit herausragenden Leistungen von Kelly und Vera-Ellen. Aber auch die anderen Darsteller demonstrieren, dass sie professionell bis in die Haarspitzen ist. Obwohl ich Easter Parade ja nun einmal im Jahr schaue, hatte ich schon fast wieder vergessen, was für eine fantastische Stepptänzerin Ann Miller ist. Zudem sprühen alle Schauspieler geradezu über vor Elan, dass man als Zuschauer regelrecht angesteckt wird.

Fazit: On the Town ist ein harmloses, aber amüsantes Musical, mit vielen tollen Songs und sechs Hauptdarstellern in Bestform.


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