TV Night: Mad Men (Season 7.2)



ACHTUNG: SPOILER

Hallo Freunde, ich bin wieder zurück aus Italien. Vor meiner Reise musste ich jedoch noch unbedingt die allerletzte Folge von Mad Men in meinen Tagesablauf quetschen. Schließlich habe ich sehr lange darauf gewartet, nachdem AMC wie erwähnt beschlossen hatte, die letzte Staffel von Mad Men in zwei Teile zu splitten. Nachdem im letzten Frühjahr "The Beginning" lief, war es nun Zeit für die letzten Folgen alias "The End". Ein Grund, warum ich auf den zweiten Teil der Staffel so gespannt war, war dass zu diesem Zeitpunkt alles mehr nach Neuanfang als wirklich nach Ende aussah: Roger Sterling hatte in einem brillanten Coup die Agentur an McCann Erickson verkauft, um so Jim Cutler loszuwerden. Es zeigt sich jedoch schnell, dass der Neuanfang kein richtiger Neuanfang ist: Schon als die Partner die Nachricht ihren Angestellten überbringen, arbeiteten diese einfach weiter, anstatt zuzuhören. Same old, same old.

Ohnehin suhlt sich Mad Men in den ersten Folgen, von denen eine ironischerweise sogar "New Business" heißt, eher in der Vergangenheit. So erscheint Rachel Katz Don in einem Traum und teilt ihm mit, dass er seinen Flug verpasst habe. Als Don daraufhin seine alte Flamme aufsuchen will, die für ihn immer mehr war als nur die Durchschnittsgeliebte, erfährt er, dass Rachel nur wenige Tage zuvor an Leukämie gestorben ist. Als er zur Trauerfeier geht macht ihm Rachels Schwester unmissverständlich klar, dass er nicht dazu gehört und dass Rachel auch ohne ihn ein sehr erfülltes Leben hatte. Dann trifft Don auf die Kellnerin Diana, die für ihn zu einer Fläche von einer ganzen Reihe Projektionen wird. Zunächst scheint er Rachel in ihr zu sehen, dann wird sie für ihn zum personifizierten Neuanfang, nachdem er von Megan geschieden wird. Doch schnell muss Don erkennen, dass Diana nicht frei von persönlichem Ballast ist: Sie hat nach dem Tod ihrer Tochter ihre Familie verlassen. Darin erkennt Don sich selbst, doch anders als er will Diana ihre Vergangenheit nicht hinter sich lassen, im Gegenteil: Sie will in der Trauer verharren.

Als Diana kurz darauf verschwindet, macht Don sich auf zu einem Road Trip auf, um sie zu suchen. Ohnehin scheint in New York kein Platz mehr für ihn zu sein. Am Ende der ersten Folge bleibt Draper in der letzten Einstellung stets allein: Allein im Restaurant, allein in seiner Wohnung, am Ende sogar allein vor den Türen seines nun ehemaligen Apartments. Sein Job bedeutet ihm in diesem Moment auch nichts, vor allem nach dem er festgestellt hat, dass er bei McCann Erickson nur einer von vielen ist. Mit Sterling Cooper & Partners geht es dann auch überraschend schnell bergab, denn McCann beschließt, die Agentur bei sich einzugliedern. Roger ist nicht glücklich, Peggy ist verunsichert, was nun aus ihr werden soll. Am härtesten trifft es jedoch Joan, die auf den geballten Sexismus der Werbemänner trifft, die überhaupt nicht die Absicht haben, ihr irgendeinen Kunden zu überlassen. Am Ende wirft sie das Handtuch und lässt sich auszahlen.

Nachdem man sich in den ersten Folgen (wie wohl bei jeder Staffel) noch gefragt hat, wohin das alles führt und ob jetzt nun endgültig alles den Bach hinuntergeht, eröffnen die letzten Folgen dann aber doch neue Möglichkeiten für fast alle Figuren: Pete versöhnt sich mit Ex-Frau Trudy und nimmt einen neuen Job an, Ken nimmt einen Job bei Dow an, nachdem SC&P ihm gekündigt hat, Joan gründet ihre eigene Produktionsfirma, Roger heiratet Megans Mutter Marie (die für einige brüllend komische Szenen sorgt). Peggy entschließt sich dafür, bei McCann zu bleiben, und nach ihrem obercoolen Eintritt dort ist man fast sicher, dass sie sich durchboxen wird. Und in Stan findet sie endlich einen würdigen Partner. Die gegenseitige Liebeserklärung ist zwar etwas übereilt, aber sehr schön ausgeführt. Und warum soll der Zuschauer nicht auch einmal seinen Willen und was fürs Herz bekommen?

Die einzige, deren Geschichte wirklich zu Ende geht, ist Betty: Sie leidet an Lungenkrebs im Endstadium. Die Diagnose erhält sie ausgerechnet, nachdem sie ein neues Studium begonnen hatte. Dass ihr ein Neuanfang nicht vergönnt ist, trägt sie jedoch mit bemerkenswerter Fassung. Ein wenig habe ich mich gefragt, ob Chefautor Matthew Weiner uns vielleicht mit Betty versöhnen will. Gerüchten zufolge hat er sie nach dem Vorbild seiner Mutter gestaltet und konnte überhaupt nicht verstehen, warum alle Welt sie für so eine grottenschlechte Mutter hielt. Am Ende jedoch muss der Zuschauer Bettys Stärke anerkennen. Auch Sally versöhnt sich mit ihrer Mutter, ist jedoch gezwungen, nicht nur Abschied von ihr, sondern auch von ihrer Kindheit zu nehmen.

Bleibt Don: Sein Road Trip führt ihn nach Kalifornien zu Stephanie, die ihn mit in ein Hippie-Camp nimmt. Während Stephanie jedoch schnell das Weite sucht, erkennt Don während einer Gruppensitzung sich selbst in einem anderen Mann, der sich ebenso unwichtig und ungeliebt fühlt. In seiner Krise telefoniert er mit Peggy, die ihm versichert, dass bei McCann immer noch Platz für ihn ist. Am Ende sieht man Don lächelnd im Mediationssitz an der Küste, bevor ein (Original) Werbespot von Coca-Cola eingeblendet wird, der ganz offensichtlich von dem Hippie-Camp inspiriert ist. Auch wenn dies zweideutig gestaltet ist bin ich mir sicher, dass Don am Ende in die Werbebranche zurückgekehrt ist und diesen Spot gestaltet hat (der tatsächlich Anfang der Siebzigerjahre von McCann Erickson produziert wurde). Aber nicht nur das: Don Draper alias Dick Whitman, der die ganze Serie über immer vor sich selbst geflohen ist, hat endlich gelernt, sich zu akzeptieren. Und das ist vielleicht das glücklichste Ende, das für ihn möglich ist.

Ich bin sehr zufrieden mit den letzten Folgen von Mad Men. Es ist nicht besonders schön, wenn man eine Serie über mehrere Staffeln verfolgt und die Figuren, die einem so ans Herz gewachsen sind, ein unwürdiges, unverständliches und/oder unrealistisches Ende erhalten (I'm talking to you, Boardwalk Empire). Bei Mad Men ist Matthew Weiner und den anderen Autoren jedoch ein wunderbarer Abschluss geglückt, der sich trotz allem nicht unbedingt wie ein Ende anfühlt, schließlich wäre für alle außer Betty ein Spin-Off möglich. Zum Schluss hat Mad Men noch einmal gezeigt, warum sie eine der großen Serien der Gegenwart ist: Eine gut durchdachte und genau recherchierte Geschichte mit komplexen Figuren und einem erstklassigem Ensemble. Ich werde die Männer und Frauen von der Madison Avenue sehr vermissen.


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