Today I Like... Mockingbird Time



Bandreunions sind ja bekanntlich so eine Sache: Allzu oft hat man das Gefühl, dass sich die alten Säcke nur um des Kontostandes willen wieder zusammenraufen und nicht etwa aus einer gemeinsamen Leidenschaft für die Musik. Anders ist es bei den Jayhawks: Hier hatte ich nie das Gefühl, dass sie es gut sein lassen sollten, im Gegenteil. Ich wüsste keine Reunion, die ich mir mehr gewünscht habe. Wir reden hier schließlich von den Jayhawks, der perfekten Symbiose aus Power Pop und Country Rock. Big Star meets Buffalo Springfield. In den Neunzigern nahm die Band um Gary Louris und Mark Olson zwei Killeralben auf, Hollywood Town Hall und Tomorrow the Green Grass, inklusive so zeitlos-perfekter Songs wie „Waiting for the Sun“ und „Blue“.

1995 dann stieg Olson aus der Band aus um sich um seine MS-kranke Frau Victoria Williams zu kümmern. Mit Olson verschwand auch die Country Rock-Komponente, und selbst wenn Louris unter dem Jayhawks-Label noch einige hübsche Popsongs fabrizierte, war es danach nicht mehr dasselbe für mich. Seine Solokarriere habe ich danach nicht weiter verfolgt. Olson und Williams dagegen gründeten die Original Harmony Creek Dippers. Nach der Trennung von seiner Frau nahm Olson zwei hübsche Soloalben auf, The Salvation Blues und Many Colored Kite.

2009 waren erste Anzeichen einer Reunion zu vernehmen: Olson und Louris veröffentlichten das (überwiegend) akustische Album Ready for the Flood, das zwar zeigte, dass die beiden noch miteinander harmonieren, aber ein neues Hollywood Town Hall war es nicht. Aber dann, diesen September, war es soweit: Olson, Louris sowie Bassist Marc Perlman, Keyboarderin Karen Grotberg und Drummer Tim O’Reagan veröffentlichen Mockingbird Time. Die Jayhawks sind wieder da.

Als ich schließlich das Album einlegte und die E-Gitarren des Openers „Hide Your Colors“ vernahm, konnte ich nicht anders, als einen großen Seufzer der Erleichterung und ein „Endlich!“ auszustoßen. Endlich ist wieder zusammen, was zusammengehört. Ich fühlte mich augenblicklich in die Neunziger zurückkatapultiert, so nahtlos schließt Mockingbird Time an frühere Großtaten an. Als wären wir im Jahr 1996 und die lange Trennung nur ein Traum.

Olson und Louris harmonieren immer noch wunderbar miteinander und ihr Gespür für großartigen Melodien ist ihnen nicht abhanden gekommen, vor allem beim Titelsong kann man nur dahinschmelzen, wenn die beiden „There’s so much color in the sky that’s in your eyes“ singen. Ordentlich gerockt wird natürlich auch: Songs wie „Cinnamon Love“ oder „Hey Mr. Man“ erinnern nicht nur vom Titel her an Neil Young. Auch in „High Water Blues“ geht ordentlich die Post ab. „Pouring in the Rain“ ist ein hübscher Folksong während „She Walks in So Many Ways“ eher poppig ausfällt. Das elegische “Tiny Arrows” bezaubert in erster Linie durch Louris’ Gitarrenspiel, das perfekt durch Grotberg am Klavier ergänzt wird. Der Zuckerguss auf dem Kuchen ist der vermehrte Einsatz von Streichern, insbesondere in „Black-Eyed Susan“.

Zugegeben: Neu ist das alles nicht, aber so schön! Deshalb eine Warnung: Freudentränen können nicht ausgeschlossen werden. Mockingbird Time ist ein Album wie aus einem Guss ohne einen schlechten Song. Louris zufolge hatte die Band das Ziel, das beste Jayhawks-Album von allen aufzunehmen. Diese Hingabe hört man. Dass es ihr bestes Album ist, will ich nicht sagen, aber es ist ein weiteres sehr gutes und zeitloses Werk und das ist ja auch schon mal was.



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